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Kommentar

Kein Allheilmittel

Besserer Terminservice, mehr Sprechstunden: Jens Spahn lässt die Ärzte per Gesetz nachsitzen. Schaden könne das nicht, meint Bernhard Walker. Wunder seien aber auch keine zu erwarten.

Agil ist er – keine Frage.

Nur mit seinen Beliebtheitswerten mag es trotz einer Video-Serie und viel Fleiß in puncto „social media“ einfach nicht klappen: Jens Spahn zahlt eben den Preis dafür, dass er sich im Frühjahr auf das verminte Gelände des Armutsthemas wagte – auch wenn er zu Hartz IV nur das sagte, was offizielle Linie der Großen Koalition ist.

Umso mehr ist nun dem überaus ehrgeizigen CDU-Politiker daran gelegen, bei den Bürgern zu punkten. Und deshalb gibt es jetzt wieder in Berlin, was unter dem braven Verwalter Hermann Gröhe fehlte: eine engagierte Gesundheitspolitik. Dass er das Handwerk der Politik beherrscht, hat Spahn oft genug bewiesen. So erstaunt es nicht, dass er die Einwände der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Krankenkassen übergeht (die Selbstverwaltung ist ihm ja ohnehin zu träge) und ein Terminservice- und Versorgungsgesetz auf den Weg gebracht hat.

Die wirkliche Lösung muss kreativer und breitgefächert sein.

Ist es gelungen? Ja und nein. Die Terminservicestellen zum Beispiel, deren Gründung so mancher KV-Funktionär als populistische Aufwallung sah, haben vielen Versicherten geholfen. Sie auszubauen, wie Spahn es nun vorschlägt, schadet kein bisschen. Allerdings kann, salopp gesagt, das Gesetz keine Wunder bewirken. Es ändert nichts daran, dass sich viele junge Ärzte nicht niederlassen wollen oder – so sie es doch tun – Familie und Beruf unter einen Hut bringen wollen. Die Zeiten, in denen ein (meist männlicher) Arzt in seiner Einzelpraxis 60 Stunden pro Woche Selbstausbeutung betrieb, sind vorbei.

Noch ist nicht klar, wie sich angesichts dieses Wandels die ambulante Versorgung sichern lässt – auch wenn viele Landtage die Landarztquote diskutieren und gerade in den neuen Ländern die KVen schon lange neue Modelle ausprobieren. Fest steht nur, dass es mit Geld allein nicht getan ist. Immerhin gibt es heute schon quer durch die ganze Republik sehr viele, von den Landesausschüssen zugelassene, aber unbesetzte Arztsitze.

Die wirkliche Lösung muss also kreativer und breitgefächert sein, was sie zwar spannend, aber eben auch so schwierig macht. Genau darin jedoch liegt für Spahn die politische Crux: Er braucht rasch konkrete und spürbare Erfolge, wenn er seine Beliebtheitswerte verbessern und die nächste Stufe auf der Berliner Karriereleiter erklimmen will.

Bernhard Walker ist Hauptstadt-Korrespondent der Badischen Zeitung aus Freiburg.
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