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Wirtschaft

Gewinne zulasten der Gesundheit

Die Widersprüchlichkeit von Wissen und Handeln der Politik ist gerade im Umgang mit den manipulierten Dieselfahrzeugen zu beobachten. Die Politiker setzen alles daran, dass Fahrverbote in belasteten Innenstädten vermieden werden. Die Gesundheit der Menschen, die in Ballungsstädten wohnen, scheint hingegen kaum ein Thema zu sein. Ist Gesundheit wirklich unser höchstes Gut? Der Rehabilitations-Wissenschaftler und Psychotherapeut Suitbert Cechura zweifelt daran. Wenn wir diese Erkenntnis verstanden hätten, sähe unsere Welt deutlich anders aus. Wir und mit uns die Politiker würden alles daran setzen, unser Leben gesund zu gestalten. Viele Aktivitäten in der Gesellschaft würden jedoch in eine andere Richtung weisen – und das habe System. Unsere Wirtschaftsordnung basiere geradezu darauf, Schädigungen der Gesundheit achselzuckend hinzunehmen. Lebensmittel (siehe Zucker, Salz, Fett), Kleidung (siehe Plastikmüll) oder Atemluft (siehe Abgaswerte) seien mit Schadstoffen belastet. Jeder wüsste es, aber ein gesellschaftlicher Aufschrei sei kaum vernehmbar. In einer Wirtschaftsordnung, in der Profit und Geldgier Vorrang hätten, seien gesundheitliche Gefahren letztlich nur Risiken und Nebenwirkungen unserer Konsumgesellschaft. In einem fast beiläufigen Ton benennt Cechura die lebensfeindliche Basis unserer Gesellschaft.
Suitbert Cechura: Unsere Gesellschaft macht krank. 2018. 344 Seiten. 21,95 Euro. Tectum Verlag, Baden-Baden.

Zehn_Gründe_Cover
Internet

Warnung vor Social Media

Die sozialen Medien sind längst in einer Krise. Auch wenn das Millionen von Nutzern so nicht wahrhaben wollen und sich weiter fröhlich durch die Plattformen klicken. Der Internet-Pionier Jaron Lanier, der selbst als Programmierer jahrelang in Silicon Valley gearbeitet hat, liefert jetzt eine radikale Abrechnung mit Social Media. Die zentrale Botschaft: Die Sozialen Medien verwandelten ihre Nutzer in eine unmündige Masse und zögen die gesamte Gesellschaft in eine Abwärtsspirale. Das Buch, verfasst in einer deftigen Sprache, beschreibt in zehn Thesen, warum das Abschalten der Accounts dringend geboten ist. Die meisten Hinweise dürften Internet-Nutzern bekannt sein. Etwa jener, dass Algorithmen bei jedem Web-Besuch individualisierte Reize aussenden, um darüber die Aufmerksamkeit der Nutzer zu lenken. „Was früher Werbung genannt wurde, muss heute als unaufhörliche Verhaltensmodifikation in gigantischem Umfang verstanden werden“, schreibt Jaron Lanier. Wer sich über Social Media mehr Aufmerksamkeit für das eigene Tun erhoffe, drohe selbst zum „Arschloch“ (O-Ton Jaron Lanier) zu werden. Denn im Internet verhielten sich viele Menschen „merkwürdig und boshaft“. Negatives Feedback sei dabei der Garant, den eigenen Narzissmus mit viel Aufmerksamkeit zu nähren.
Jaron Lanier: Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst. 2018. 208 Seiten. 14 Euro. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg.

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Alkoholsucht

Die innere Leere zugeschüttet

Der Konsum von Bier, Wein, Spirituosen ist in unserer Gesellschaft akzeptiert – solange der Trinker oder die Trinkerin die Kontrolle behält. Das Flaschenbier für unterwegs ist vielen Jugendlichen ein ständiger Begleiter, der Cocktail bei der Happy Hour im Club befreit vom Alltagsstress, der hochprozentige Glühwein am Weihnachtsmarkt gehört zum geselligen Freizeittreff, Mini-Spirituosen an der Supermarktkasse laden zu einem Absacker ein. Der Journalist Timm Kruse beschließt, ein Jahr lang ohne Alkohol auszukommen. Als er diesen Entschluss fasst, weiß er noch nicht, wie sehr er bereits die Kontrolle darüber verloren hat. Nach offiziellen Statistiken trinkt jeder Bundesbürger pro Jahr etwa elf Liter reinen Alkohol. Timm Kruse konnte da gut mithalten: Fünf bis sechs Gläser sind es im Durchschnitt pro Tag – auf Partys auch mal 30 Gläser Bier, Longdrinks, Wein, Sekt, Schnaps. In seinem Buch beschreibt er das Abenteuer, diese Sucht von einem Tag auf den anderen aufzugeben. Die Abstinenz führt ihn in ein neues Leben. Er fühlt sich ausgeglichener und geduldiger als früher, lernt Yoga, reflektiert in einer Selbsthilfegruppe sein Verhalten. Nach und nach wird ihm klar, dass er mit dem Trinken von Alkohol seine innere Leere, seine Ängste und Unsicherheiten zuschütten wollte.
Timm Kruse: Weder geschüttelt noch gerührt. 2018. 240 Seiten. 18 Euro. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau.

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Europarecht

Handkommentar zum Datenschutz

Seit Mai 2018 gilt die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie zielt darauf ab, den Datenschutz auf einen einheitlichen Stand zu bringen und die Bürger dabei zu unterstützen, die Verwendung ihrer Daten besser zu kontrollieren. Von der Neuregelung betroffen sind all jene, die automatisiert personenbezogene Daten verarbeiten. Dies gilt für kleine Vereine, Handwerksbetriebe, Solo-Selbstständige ebenso wie für Organisationen und Unternehmen. Sie müssen offenlegen, welche personenbezogenen Daten sie in welcher Form speichern oder verwenden. Dabei geht es nicht nur um Namen, Geburtsdaten oder E-Mail-Adressen, sondern auch um IP-Adressen, Steuernummern, Autokennzeichen oder Kontodaten. Wichtig sind vor allem die verschärften Dokumentations- und Rechenschaftspflichten: Die Betriebe müssen gegebenenfalls nachweisen können, dass die Kunden der Speicherung und Verwendung ihrer Daten ausdrücklich zugestimmt haben. Im Handkommentar, herausgegeben vom Jura-Professor Gernot Sydow aus Münster, werden die Neuregelungen im Datenschutzrecht auf dem neusten Stand interpretiert und Lösungen für die zahlreichen Anwendungsfragen des Alltags vorgestellt.
Gernot Sydow: Europäische Datenschutzgrundverordnung. 2017. 1.456 Seiten. 128 Euro. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden.

Susanne Werner ist freie Journalistin.