Digitalisierung

Nachwuchs für Netzwerker

Die Partner des Digitalen Gesundheitsnetzwerkes zünden die nächste Stufe. Nach dem erfolgreichen Start in Mecklenburg-Vorpommern profitieren nun auch Patienten und Ärzte in Berlin von der digitalen Vernetzung der AOK-Initiative. Von Thomas Hommel

Ein weiterer Schritt ist gemacht:

Mehrere Geburtskliniken in Berlin verwenden seit Kurzem die digitale Patientenakte für Ärzte und Patienten. Mit den beiden Partnern – dem kommunalen Krankenhauskonzern Vivantes und dem privaten Klinikbetreiber Sana – geht damit die nächste Ausbaustufe des AOK-Gesund­heitsnetzwerkes in den Regel­betrieb.

Nach dem Pilotprojekt in Mecklenburg-Vorpommern, bei dem sich zunächst ein Arztnetz und zwei Kliniken digital austauschen, erfolgt nun die Vernetzung schwangerer Frauen mit zunächst vier Geburtskliniken in Berlin. Weitere sechs Krankenhäuser und 13 Medizinische Versorgungszentren sollen folgen. Zusammen versorgen sie 114.000 AOK-Versicherte pro Jahr, die von der neuen Ver­netzung profitieren können. „Die Patientinnen können eigene Daten und Dokumente digital zur Verfügung stellen und umgekehrt auch von der Klinik einsehen“, sagte Christian Klose, Projektleiter des Digitalen Gesundheitsnetzwerkes und Chief Digital Officer der AOK Nordost, anlässlich einer Präsen­tation der digitalen Patientenakte im Berliner Auguste-Viktoria-Klinikum.

Beim kommunalen Krankenhauskonzern ­Vivantes in Berlin schließen sich in einem ersten Schritt das Klinikum Friedrichshain, das Auguste-Viktoria-Klinikum und das Klinikum Am Urban mit ihren Geburtskliniken an das AOK-Gesundheitsnetzwerk an. Bis Ende 2018 sollen alle sechs Vivantes-Geburtskliniken sowie die Urologien von vier Krankenhäusern hinzukommen. Die Sana Kliniken AG startet mit der Geburtsklinik in Lichtenberg. Geplant ist ferner die Aufnahme von Prostata- und Mammakarzinom sowie chronischen Er­krankungen in die neue digitale Vernetzung.

Konkret können werdende Mütter per Daten-Upload ihren Mutterpass, Berichte zu früheren Geburten sowie Ergebnisse ambulanter Vorsorgeunter­suchungen bereitstellen. Ärzte wiederum können Ultraschall- oder Laborbefunde, Geburts- und Operations­berichte sowie Entlassbriefe oder Still­protokolle direkt in die digitale Akte laden.

Anschluss zur Telematik-Infrastruktur.

Auch der Austausch unter den Kliniken sei möglich, sagte Klose. Bei der Entwicklung des Netzwerkes achte man auf „Anschlussfähigkeit“ auch an die bestehende Telematik-Infrastruktur. Der Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, sagte, das Gesundheitsnetzwerk habe das „Potenzial, für alle Beteiligten mehr Transparenz über medizinische Informationen und Daten zu schaffen und so die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern.“ In Deutschland sei schon „zu lange“ darüber geredet worden, wie man Patienten und Ärzte miteinander vernetzen könne. „Wir reden nicht nur, wir tun es auch.“

Dr. Mandy Mangler, Chefärztin der Geburtsklinik am Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum, bezeichnete die bessere Vorbereitung auf den Geburtstermin als einen entscheidenden Vorzug der neuen Vernetzung. Geburtstermine seien mitunter schwer planbar, so die Gynäkologin. Deshalb sei es für Ärzte wichtig, vorab alle relevanten Informationen der schwangeren Frau aus dem Mutterpass einzusehen. „Wenn es dann mal schnell gehen muss, sind wir auf alles vorbereitet.“

Weil den behandelnden Ärzten dokumentierte und für die Entbindung wichtige Informationen jederzeit zur Verfügung stünden, ließen sich Doppeluntersuchungen vermeiden und der Informationsfluss verkürzen, sagte Dr. Jens-Peter Scharf, Chefarzt der Frauenklinik am Sana Klinikum Lichtenberg. Das Projekt sei  zukunftsweisend, denn es schaffe eine enge Verbindung zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor.

Hohes Maß an Datensicherheit.

Da die digitale Patientenakte persönliche Informationen der Versicherten enthalte, sei das Thema Datensicherheit ein großer Schwerpunkt bei der Entwicklung des neuen Angebots gewesen, hob AOK-Projektleiter Klose hervor. „Ein entscheidender Punkt ist die dezentrale Speicherung der medizinischen Informationen und Dokumente im Digitalen Gesundheitsnetzwerk.“ Die Daten blieben auf dem Server desjenigen, der sie erfasse – also der Arztpraxis oder der Klinik.

Weil gerade im ambulanten Bereich der Zugriff auf einzelne Praxen nicht immer zu gewährleisten sei, könnten mehrere Ärzte einen gemeinsamen Server nutzen. Dieser könne von einem Ärztenetz oder einer Kassenärztlichen Vereinigung betrieben werden. Nach Freigabe durch den Arzt werde nur ein Link gesetzt, über den die teilnehmenden Praxen und Kliniken auf ein Dokument wie Ultraschall oder Entlass­brief zugreifen könnten – vorausgesetzt, der Patient habe sein Einverständnis gegeben, so Klose. Die AOK selber habe keinen Zugriff auf die Daten.

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kolat begrüßte die Initiative von AOK, Vivantes und Sana. Die digitale Patienten­akte helfe den in der Geburtshilfe tätigen Ärzten und Pflegekräften, Mütter und Kinder besser zu betreuen. „Ich wünsche mir, dass wir sehr bald ein flächendeckendes digitales Gesundheitsnetzwerk haben, an das alle Kassen, Arztpraxen und Klini­ken angeschlossen sind“, so Kolat.

Weitere Informationen zum AOK-Gesundheitsnetzwerk

Thomas Hommel ist Chefreporter der G+G.