Chance oder Risiko? Im Homeoffice lassen sich Familie und Beruf vereinbaren.
Symposium

Offen für den digitalen Wandel

Homeoffice, flexible Arbeitszeit, ständige Erreichbarkeit – die Digitalisierung verändert den Job und das Leben. Wie die Beschäftigten dabei gesund bleiben, erforscht die AOK Niedersachsen gemeinsam mit 21 Unternehmen. Erste Ergebnisse präsentierte sie in Hannover. Von Bärbel Triller

Die Digitalisierung prägt die Arbeitswelt

seit geraumer Zeit. Immer schneller und flexibler müssen Unternehmen und Arbeitnehmer reagieren. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. „Wir untersuchen in unserem Innovationsprojekt ‚Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0‘, welche Auswirkungen der digitale Wandel auf die Gesundheit der Beschäftigten hat“, erklärt Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen.

Erste Ergebnisse stellte die AOK kürzlich in Hannover vor. Die Kernfrage ist, wie das Betriebliche Gesundheitsmanagement weiterentwickelt werden kann. Partner im Projekt, das im August 2017 mit einer Laufzeit von fünf Jahren startete, sind die niedersächsischen Ministerien für Soziales und Wirtschaft. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt die Initiative. Insgesamt nehmen 21 niedersächsische Unternehmen aus verschiedenen Branchen am Projekt teil.

Rollen neu definieren.

„Die Arbeitswelt 4.0 ist in den Unternehmen angekommen und verändert die Arbeitsprozesse rapide“, lautet ein erstes Fazit von AOK-Vorstand Peter. Probleme und Lösungen seien komplexer geworden, klassische Hierarchien veränderten sich. „Führungskräfte und auch Mitarbeiter müssen ihre Rollen neu definieren“, sagt Peter. Ein häufiges Problem sei, dass die Leistungsfähigkeit der Technologien oft überschätzt werde. „Der entscheidende Erfolgsfaktor ist, den Menschen mitzunehmen“, so Peter.

Die Digitalisierung bietet Chancen und Risiken, betont Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Dr. Carola Reimann. So ließen sich beispielsweise Familie und Beruf besser vereinbaren. Unter dem Aspekt der Gleichstellung sei dies vor allem für Frauen von Vorteil. Aber es gebe auch Dimensionen der Entgrenzung. „Ein gut aufgestelltes Betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein wesentliches Instrument zur Fachkräftesicherung und dient der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, auch in der Pflege“, sagt Ministerin Reimann. „Das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist ein guter Ansatz, um Mitarbeiter zu beteiligen und um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten“, ergänzt Stefan Muhle, Staatssekretär beim niedersächsischen Wirtschaftsministerium.

Gesetze behutsam anpassen.

Als Sozialpartner begleiten die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) das Vorhaben. Für Dr. Volker Müller, UVN-Hauptgeschäftsführer, hat sich das Projekt schon bewährt. „Die beteiligten Unternehmen sind offen für den digitalen Wandel“, berichtet Müller. Ein Problem sieht er darin, dass der derzeitige rechtliche Rahmen den Anforderungen nach Flexibilität nicht gerecht werde. Müller plädiert dafür, die Gesetze behutsam anzupassen. Dr. Mehrdad Payandeh, DGB-Vorsitzender in Niedersachsen, betont, dass Risiken wie erhöhter Zeitdruck, psychische Belastung und Entgrenzung ernst genommen werden müssten. „Es ist wichtig, die Menschen für die Digitalisierung zu begeistern und ihnen keine Angst zu machen“, sagt Payandeh. Eine neue betriebliche Arbeitskultur sei notwendig sowie maßgeschneiderte Arbeitszeitmodelle und permanente Qualifizierung, die sich nicht nur an der Technik orientiere.

Im ersten Projektjahr wurde das Management der beteiligten Unternehmen zur Digitalisierung befragt. In den nächsten zwei Jahren folgen Mitarbeiter-Interviews und Arbeitsplatz-Analysen. Im Jahr 2021 soll das Projekt mit der Veröffentlichung einer unabhängigen Studie des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen abgeschlossen werden.

Weitere Informationen: Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0

Bärbel Triller ist freie Journalistin in Hannover.
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