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Ernährung

Manipulation des Glücksempfindens

Nach Zahlen der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit rund 124 Millionen Kinder und Jugendliche adipös, weitere 213 Millionen gelten als übergewichtig. Fettleibige Menschen erfolgreich zu behandeln, ist offenbar eine kaum lösbare Aufgabe. Der US-amerikanische Endokrinologe Robert H. Lustig verweist darauf, dass gut die Hälfte aller Ärzte an Burnout leide und 75 Prozent von ihnen Endokrinologen seien. „Wir behandeln fettleibige Patienten, die einfach nicht dünner werden, und Diabetiker, denen es einfach nicht besser geht“, schreibt er ernüchtert. Dass dies so ist, liege auch an einer Industrie, die unser Glücksempfinden manipuliert habe. Die Unternehmen verführten uns dazu, das kleine Vergnügen zu wählen und die Suche nach dem echten Glück dafür aufzugeben. Zentral sei dabei ein Mechanismus im Gehirn, der zwischen Vergnügen und Glück unterscheidet: Während das Dopamin ein Belohnungssystem stimuliere und dies in der Folge zur Sucht werden könne, stärke das Serotonin unsere Zufriedenheit. Diese erste Stufe von Glück sorge zugleich für eine Art Sättigung. Industrie und Werbung nutzten ihr Wissen schamlos aus und hätten uns längst zu willigen Konsumenten erzogen, so Lustig. Vor allem die Nahrungsmittelhersteller trügen mit zuckersüßen Angeboten dazu bei, dass trotz aller Therapie die Fettleibigkeit zunimmt und nicht schwindet.
Robert H. Lustig: Brainwashed. 2018. 384 Seiten. 19,99 Euro. Riva Verlag, München.

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Neue Technologien

Hightech verändert die Medizin

Neue Technologien werden das Gesundheitswesen verändern. Boris Bogdan, ursprünglich Arzt, jetzt Berater und Autor, nennt es den „Anfang einer Revolution“. Denn: „Das Gesundheitswesen 2.0 wird eine bessere Medizin ermöglichen.“ Cloud Computing beispielsweise sorge dafür, dass vernetztes Arbeiten von unterschiedlichen Orten möglich werde. Die Informationen liegen dann nicht mehr auf einem Klinikserver, sondern sind in einer Cloud mit immensen Speicher- und Rechenkapazitäten abgespeichert. Selbst große Datenmengen wie etwa die MRT-Befunde der Patienten könnten so im Internet hinterlegt werden. Auch das Internet of Things (IoT) könnte durch intelligente Programmierung die Abläufe in Medizin und Pflege verbessern. Wie bereits jetzt digital vernetzte Kühlschränke neue Nahrungsmittel bestellen, wenn die Fächer leer sind, seien auch Operationssäle denkbar, die Alarm schlagen, wenn das OP-Besteck nach dem Eingriff nicht vollzählig ist. Weit fortgeschritten ist zudem das Vorhaben, die 3D-Druck-Technik für die Medizin nutzbar zu machen. Prothesen und Implantate, selbst Gewebe und Bestandteile von Organen lassen sich bereits passgenau herstellen. Künstliche Intelligenz, Robotik, Precision Medicine als Fortentwicklung der personalisierten Medizin sind weitere Zukunftsszenarien, die Boris Bogdan in seinem Buch anschaulich vorstellt.
Boris Bogdan: MedRevolution. 2018. 305 Seiten. 19,99 Euro. Springer-Verlag, Heidelberg.

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Diagnosen

Zwischen Hoffnung und Verzweiflung

Der junge Mann ist zunächst sorglos. Ein kleiner Metallsplitter hat sich in der Haut seiner Hand festgesetzt. Als sie komplett anschwillt, ist ein chirurgischer Eingriff unausweichlich. Dass damit seine Krankengeschichte beginnt, ahnt Maik nicht. Nach dem Eingriff schwillt sein Arm an. Unter der Haut hat sich eine Unmenge an Luft gesammelt. Einen „Gasbrand“ vermuten die Mediziner – eine infektiös-toxische Krankheit, bei der Bakterien unter Sauerstoffausschluss Gase bilden. Eine OP folgt der anderen. Doch Maiks Arm füllt sich immer wieder mit Luft. Zunächst wird er in einer Klinik auf dem Land, später in Berlin versorgt. Obwohl eine Laborprobe belegt, dass Maik keine Gasbrand-Bakterien im Körper hat, revidieren die Ärzte ihre Diagnose nicht. Vielmehr unterstellen sie ihm, sich selbst mit einer Pumpe die Luft zugeführt zu haben. Ein Rechtsmediziner befragt ihn, eine Anzeige wegen Kassenbetrug folgt. Ein Zufall hilft, das Rätsel zu lösen. Da kein Hubschrauber bereitsteht, wird Maik beim nächsten Notfall nach Kiel gefahren. Dort suchen die Ärzte nach der Ursache und entdecken ein kleines Loch in der Lunge. Das ist eine von zwölf wahren Medizingeschichten, die Autoren des NDR-Gesundheitsmagazins Visite zusammengetragen haben.
Volker Arend, Anke Christians, Volker Präkelt: Abenteuer Diagnose. 2018. 299 Seiten. 12,99 Euro. Heyne Verlag, München.

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Altern

Aufbäumen gegen den Zahn der Zeit

Die 40- und 59-Jährigen stellen mit rund 25 Millionen Menschen die größte Altersgruppe in der hiesigen Bevölkerung. Damit sind Alterspubertierende heutzutage gar nicht selten. Die männliche Variante von ihnen trägt in der Regel vorne eine kugelige Plauze und oben eine geringe Haardichte. Die weibliche klagt nicht nur über stämmige Oberschenkel, sondern gerne auch über Hitzewallungen. Zum Wesenskern beider Geschlechter gehört ein gewisses Aufbäumen gegen den Zahn der Zeit. Insbesondere Männer aber trifft eine ausgesprochen tränenreiche Gefühligkeit. Einzelne Alterspubertierende, die Maxim Leo und Jochen Gutsch in ihrem Band vorstellen, geraten beispielsweise beim Anblick einer kleinen, hinkenden Antilope, die von ihrer Antilopen-Mutter verlassen wird, in einen Weinkrampf und verstehen selbst nicht, warum das plötzlich so ist. Es ist ein Buch über Männer und Frauen, die mit den Jahren eigen werden – sich beispielsweise verzweifelt Hobbys zuwenden, die sie eigentlich nie anstrebten. Wie etwa dem Kitesurfen. Weil der Steilpass beim Fußball in der Mannschaft mit den alten Herren nicht mehr gelingt und das Fahren auf dem Rennrad trotz allerlei sportlichem Outfit mehr Schmerzen als Spaß bereitet: „Hauptsache, es geht weiter.“
Maxim Leo, Jochen Gutsch: Es ist nur eine Phase, Hase. 2018. 144 Seiten. 12 Euro. Ullstein Buchverlage, Berlin.

Susanne Werner ist freie Journalistin in Berlin.