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Rundruf

Diagnostik vor der Geburt?

Seit 2012 können Schwangere untersuchen lassen, ob ihr Kind mit Down-Syndrom zur Welt käme. Derzeit wird geprüft, ob die Kassen die Kosten für die Tests übernehmen sollen. Wie weit dürfen wir gehen?

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Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion:
Schwangere Frauen sollen selbst entscheiden, ob sie ein Kind bekommen möchten. Ihr Selbstbestimmungsrecht wird aber nicht durch mehr Tests gestärkt, sondern wenn sie in dem Gefühl bestätigt werden, dass ihr Kind vorbehaltlos willkommen ist und sie Unterstützung erhalten. Die Tests erreichen das Gegenteil: Es wird nach Auffälligkeiten gesucht, für die es keine Behandlungsoptionen gibt. Der Test hat keinen medizinischen Mehrwert. Statt durch mehr Tests den Anschein zu erwecken, man habe unter Kontrolle, was für ein Kind man bekommt, müssen wir den Wert der Vielfalt unserer Gesellschaft verteidigen.

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Rudolf Henke (CDU), Mitglied des Bundestags-Gesundheitsausschusses:
Jedes menschliche Leben ist lebenswert. Ethisch hat jeder Mensch einen natürlichen Anspruch, gewollt und willkommen zu sein. Die vom Grundgesetz als unantastbar gewährleistete Menschenwürde kann und darf auch durch Krankheit, Behinderung oder den Bedarf an Pflege und Fürsorge nicht verloren gehen. Deshalb können und dürfen Würde und Lebensrecht auch nicht von genetischen Eigenschaften eines Menschen abhängen. Die Fortschritte in der genetischen Diagnose zwingen uns als Gesellschaft dazu, die Frage zu beantworten, wie wir mit den dadurch erzeugten Erkenntnissen umgehen wollen.

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Dagmar Schmidt (SPD), Mitglied im Bundestagsauschuss Arbeit und Soziales:
Ethische Fragen, die so fundamental unsere Werteordnung berühren, brauchen einen breiten Diskurs, der Menschen mit Trisomie, Ärzte, Eltern und alle, die daran Interesse haben, beteiligt. Der Bundestag ist der richtige Ort, um diesen Diskurs anzustoßen und in die Gesellschaft zu tragen. Menschen mit Down-Syndrom sind nicht glücklicher oder unglücklicher als andere. Sie leiden nicht unter Trisomie 21, sondern darunter, nicht angemessen und respektvoll behandelt zu werden. Eltern von Kindern mit Trisomie 21 sollten niemals in die Lage geraten, sich für die Geburt des Kindes rechtfertigen zu müssen.

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Kathrin Vogler, friedenspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke:
Die Kassenzulassung des Bluttests auf Trisomie 21 kann eine Türöffner-Funktion erfüllen: Für zwei weitere Trisomien gibt es schon Bluttests – genauso wie für weitere vier Erbkrankheiten. Nicht über Bluttests, aber über weitere Methoden der Molekulargenetik sind in Großbritannien bereits 400 genetisch verursachte Erkrankungen diagnostizierbar. Dieses Wissen wiederum ist die Basis künftiger Bluttests und so werden in der Folge mindestens für die häufigsten genetischen Prädispositionen Tests auf den Markt drängen. Jetzt ist es noch möglich, eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen, ob und in welchen Fällen vorgeburtliche Gentests legitim sind.

Bildnachweis: Fräulein Fotograf, Tobias Koch, Laurin Schmid, Linksfraktion