Im Wortlaut

„Der Standort ist gesichert“

Portrait Arthur Klementz

30 Jahre hat Dr. Arthur Klementz, 67, mit einem Kollegen eine Hausarztpraxis im Alheimer Ortsteil Heinebach geführt. Was Klementz über die Nachfolger-Suche berichtet: ein Wortlautprotokoll.

„Warum ausgerechnet ein Klinikkonzern? Viele Kollegen können nicht verstehen, warum wir unsere Gemeinschaftspraxis an den Asklepios-Konzern übergeben haben. Doch was hätten wir tun sollen? Meine zwei Kollegen und ich sind über 65 Jahre alt. Früher oder später hätten wir schließen müssen, wie die Kollegen in den Nachbarorten, die keine Nachfolger gefunden haben. Im Landkreis werden sich in den nächsten Jahren wohl weitere 64 Ärzte in den Ruhestand verabschieden. In unsere Praxis hätte mein Sohn einsteigen können. Er ist Oberarzt in Köln, seine Familie will im Rheinland bleiben.

Zehn Jahre lang haben wir alles versucht, um junge Mediziner zu finden, die übernehmen: Ein regionales Netzwerk gegründet, mit Politikern gesprochen, Anzeigen geschaltet. Dutzende Medizinstudenten aus Göttingen und Marburg haben bei uns ihr allgemeinmedizinisches Blockpraktikum gemacht. Es war wohl naiv zu hoffen, dass einer wiederkommt. Gegen ein medizinisches Versorgungszentrum mit Angestellten und geregelten Arbeitszeiten hat eine Landarztpraxis keine Chance. Junge Menschen wünschen sich ein sicheres Einkommen und scheuen das finanzielle Risiko, das die Selbstständigkeit mit sich bringt.

Wie lange halten wir noch durch? Irgendwann haben wir uns das immer wieder gefragt. Ich meine nicht nur den Arbeitsalltag: Behandlungen im Viertel-Stunden-Takt, plus Notfälle, Hausbesuche und den ganzen Papierkram. Aber wir tragen ja auch Verantwortung für 3.500 Patienten, zehn Arzthelferinnen inklusive unserer Versorgungsassistentin „Verah“. Sie fährt zu den Kranken, entlastet uns bei Hausbesuchen, wechselt Verbände, misst Blutzucker, setzt Katheter, verabreicht Injektionen, nimmt Blut ab und arbeitet eng mit den Pflegediensten zusammen. Am Bestand unserer Praxis hängt auch die Existenz der Apotheke und zum Teil auch die Physio-, Ergo- und Logopädie vor Ort.

Anfang 2019 hat Asklepios uns als erste reine Hausarztgemeinschaftspraxis in Hessen übernommen. Der Standort ist gesichert. Das macht uns froh. Ich bin jetzt angestellt, so wie alle im Team. Und es ist tatsächlich ein Wunder geschehen: Jetzt klappt es plötzlich mit dem Nachwuchs. Im August startet ein junger Assistenzarzt. Und seit April begleiten wir eine Frau auf ihrem Weg zum Facharzt in Allgemeinmedizin. Da wir die Weiterbildungsermächtigung für drei von fünf Jahren in Allgemeinmedizin haben, werden wir sie noch ausbilden und dann vielleicht mit 70 Jahren in den Ruhestand gehen.“

Protokoll: Silvia Dahlkamp

Lesen Sie hier zum Thema die Reportage über das hessische Alheim: „Unser Dorf soll weiterleben“.

Bildnachweis: Olaf Hermann