Porträt
Kommentar

Umtriebiger Krisenmanager

Mit der Ankunft des Corona-Virus in Deutschland wurde Minister Jens Spahn zum Krisenmanager. Für ihn hängt viel davon ab, wie das Ende des Shutdowns verläuft, meint Hajo Zenker.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn,

der gern mit einem Dutzend Themen zugleich jongliert, war es zunächst sichtlich schwergefallen, voll auf die Bewältigung der Coronakrise umzuschwenken. Noch im Januar sah er das neue Virus weit weg in China. Als der Erreger näher rückte, legte er den Schalter um. Seitdem tritt er täglich als Ein-Thema-Minister auf. Er predigt Abstand, Hygiene, Solidarität. Er tritt zusammen mit Experten auf und lässt einen Krisenstab tagen. Das alles macht er gut.

Spahns Problem war zunächst, dass der Bund bei solchen Seuchen ja eigentlich wenig zu sagen hat. Gesundheitsämter sind es, die nach den Buchstaben des Gesetzes das letzte Wort haben. Der Föderalismus lässt grüßen. Die schlechte Ausstattung vieler Ämter zudem. Mithilfe des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der als Krisenmanager zu großer Form auflief und mit seinem steten Vorpreschen zögerliche Bundesländer zu Maßnahmen nötigte, konnte der Bundesgesundheitsminister letztlich für halbwegs bundeseinheitliche Verhältnisse sorgen. Einen Anteil daran hat auch Kanzlerin Merkel, die plötzlich in der Öffentlichkeit präsent war wie lange nicht und die Ministerpräsidenten in die Pflicht nahm.

Minister Spahn nutzt Gesetzesflut geschickt für Machtgewinn.

Und Spahn wäre nicht Spahn, wenn er nicht die Gesetzesflut, die zur Corona-Bewältigung quasi über Nacht beschlossen wurde, geschickt genutzt hätte, um auch formell mehr Macht zu bekommen. Zwar musste er die Idee, Kontaktpersonen von Infizierten per Handy-Ortung unter Kontrolle zu halten, wieder zurücknehmen. Aufgegeben hat er diese Idee aber nicht. Denn sie soll helfen, den Einstieg in den Ausstieg bei den Extrem-Maßnahmen zu schaffen. Um irgendwann demnächst die Bremse beim Stillstand des öffentlichen Lebens zu lockern und Druck aus dem Kessel zu nehmen. Dann aber hat, so lange es keine Therapie und keine Impfung gibt, das Virus wieder bessere Chancen, sich zu verbreiten. Da muss man jede Erkrankung wieder strikt einhegen.

Spahn glaubt da an das Prinzip Südkorea und damit an die Handy-Ortung. Geht die Lockerung schief, steigt die Zahl der Infizierten und der Toten stark an und führt zu massiven Verwerfungen, die auch die Politik kräftig durchrütteln dürften. Geht alles gut, hat der Ganz-Tages-Krisenmanager Spahn klar gemacht: Mir ist nichts zu schwer. Und empfiehlt sich damit endgültig für Höheres.

Hajo Zenker ist Wirtschaftskorrespondent der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.
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