Neues aus der Uni

„Politik kann deutlich bessere Entscheidungen treffen, wenn sie auf die Wissenschaft hört“

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. rer. biol. hum. Corinna Jacobi, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und E-Mental-Health an der Technischen Universität Dresden.

Frau Professor Jacobi, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Corinna Jacobi: Wir entwickeln und evaluieren seit über 20 Jahren E-Mental-Health-Interventionen. Das sind digitale Interventionen für die Prävention, Selbsthilfe, Behandlung und Nachsorge zur Unterstützung bei psychischen Problemen und Störungen sowie zur Verbesserung der Versorgung. Unsere zentralen Fragestellungen sind die Optimierung dieser Interventionen für die verschiedenen Nutzergruppen, ihre Verbreitung als Ergänzung zu klassischen Versorgungsangeboten oder zur Überbrückung von Wartezeiten auf diese Angebote, ihre Implementierung in die Regelversorgung sowie die Qualitätssicherung.

Porträt von Corinna Jacobi, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und E-Mental-Health an der Technischen Universität Dresden

Zur Person

Corinna Jacobi hat die Professur für Klinische Psychologie und E-Mental Health an der Technischen Universität Dresden inne. Sie studierte Psychologie in Landau und Göttingen, promovierte an der Medizinischen Hochschule Hannover und war danach in Kliniken und in eigener Praxis als Psychologin sowie als Hochschulassistentin an der Universität Hamburg tätig. Auf die Habilitation im Fach Klinische Psychologie und die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin folgte ein Forschungsaufenthalt an der Stanford University/USA. 2001 übernahm Jacobi die Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Trier, 2004 wechselte sie an die TU Dresden.

Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Jacobi: Nach einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten einjährigen Auslandsstipendium an der Stanford University bestehen mittlerweile seit über 20 Jahren enge internationale und nationale Kooperationen im Rahmen von gemeinsamen Forschungsprojekten mit Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen. Die Mitarbeit in der von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) geführten Task Force „E-Mental Health“ sowie die Mitgliedschaft in europäischen und internationalen Fachgesellschaften – der European sowie der International Society for Research on Internet Interventions (ESRII/ISRII) – fördert ebenfalls den engen Austausch über aktuelle wissenschaftliche und (gesundheits-)politische Themen und gemeinsame Ziele.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Jacobi: Die letzten Monate haben deutlich gemacht, dass die Politik deutlich bessere, informierte Entscheidungen treffen kann, wenn sie auf die Wissenschaft hört. Allerdings setzt dies auch voraus, dass zum einen Bevölkerung und Politik in der Lage sind, mit den nicht immer eindeutigen Ergebnissen der Wissenschaft sachgerecht umzugehen und Veränderungen und Anpassungen durch neue Erkenntnisse zu tolerieren, und dass zum anderen Wissenschaftler ihre Erkenntnisse objektiv und neutral veröffentlichen. Eine klare und transparente Vermittlung des Nutzens wissenschaftlicher Standards durch die Politik halte ich hierbei für essentiell.

Silke Heller-Jung führte das Interview. Sie hat in Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro für Gesundheitsthemen.
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