Porträt
Selbstverwaltung im Gespräch

„An Solidarität und Selbstverwaltung nicht rütteln“

Die Politik darf nicht länger die Axt an der Finanzautonomie und der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenkassen ansetzen, fordert der Vorsitzende des Verwaltungsrates der AOK Hessen, André Schönewolf.

G+G: Herr Schönewolf, hat sich die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in der Corona-Pandemie bislang bewährt?

André Schönewolf: Die GKV – wie auch das Gesundheitswesen insgesamt – haben ihre Leistungsfähigkeit, Stabilität und Verlässlichkeit unter Beweis gestellt. Schließlich konnten und können wir die Herausforderungen besser meistern als manch anderes Land.

G+G: Hat die Politik angemessen auf die Herausforderungen reagiert?

Schönewolf: Der Gesetzgeber hat in schwieriger Situation sehr kurzfristig handeln müssen und dabei vieles richtig gemacht. Aber das Versorgungsverbesserungsgesetz war ein Schlag ins Gesicht der GKV und ihrer Selbstverwaltung. Der staatliche Zugriff auf die Finanzreserven der Kassen untergräbt massiv unsere Haushaltsautonomie und schwächt die Selbstverwaltung. Zudem erschweren die staatlichen Regulierungen, beispielsweise zum Finanzvermögen, die Haushaltsplanungen der Kassen – und verzerren den Wettbewerb der GKV.

G+G: Was bringt das Jahr 2021?

Schönewolf: Die Pandemie wird uns weiter vor neue Aufgaben stellen. Im September steht die Bundestagswahl an. Vor diesem Hintergrund werden viele Fragen zum Status quo und zur Weiterentwicklung der GKV und des Gesundheitswesens aufgeworfen. An den Grundpfeilern von Solidarität und Selbstverwaltung darf nicht weiter gerüttelt werden. Und gesamtgesellschaftliche Aufwendungen dürfen nicht den Beitragszahlerinnen und -zahlern aufgebürdet werden. Ein höherer Steuerzuschuss des Bundes an die GKV ist unabdingbar.

Bildnachweis: AOK Hessen/Jürgen Schulzki