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Versorgung

Impulse für mehr Vernetzung

Schon das Gesundheitsmodernisierungsgesetz von 2004 postulierte als ein wesentliches Ziel, die sektoralen Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung in Medizin und Pflege zu überwinden, um die medizinische Versorgung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels effizienter und effektiver zu gestalten. Bislang mangelt es jedoch an einer zufriedenstellenden Umsetzung. Um der vernetzten Versorgung neue Impulse zu verleihen, analysieren in diesem Band Gesundheitsökonomen und -politiker die bisherigen Vorschläge und Konzepte und bringen neue Ideen ein. Kontrovers eingegangen wird zum Beispiel auf das populationsorientierte Zukunftskonzept des Sachverständigenrates Gesundheit, auf das Eckpunktepapier der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und auf das Konzept des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands. Diese Modelle jedoch, so stellen einige Autoren kritisch dar, würden zu hohe Hürden aufwerfen und unrealistische Hoffnungen und Erwartungen wecken, denn für die Mehrzahl der Versorgungsanlässe seien sie weitgehend irrelevant. Ver­treten wird die These, dass die Digitalisierung ein Treiber ist, das Ziel besser zu erreichen, als die bisher verfolgten Ansätze. Gefordert wird ein neuer Mix aus Steuerung, gesetzgeberischen Maßnahmen, Techno­logie und Wettbewerb.
Stefan G. Spitzer, Volker Ulrich (Hrsg.): Intersektorale Versorgung im deutschen Gesundheitswesen. 2020. 165 Seiten. 49 Euro. Verlag Kohlhammer, Stuttgart.

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Kommunikation

Demenz mit Gefühl begegnen

Wie redet man mit Menschen, die an Demenz erkrankt sind? Wie kann man sich verstän­digen? Wie erfährt man ihre Wünsche? Praxisnahe und lösungsorientierte Antworten auf diese Fragen liefern die Autoren des Buches. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln geben Pflegende, Pädagogen und andere Fachleute ihre Expertise in der Kommunikation mit Demenzkranken und ihren Angehörigen aufbereitet und strukturiert weiter. Gemeinsam ist ihnen, eine Haltung gegenüber Menschen mit Demenz zu vermitteln, die von Wohlwollen, Verständnis und Liebhaben getragen ist. Im ersten Teil des Buches wird lebendig beschrieben, wie sich Sprachprobleme bei einer Demenz äußern. Anhand einfacher Modelle und mit zahlreichen Abbildungen sowie humorvollen Illustrationen wird im zweiten Teil die Neurologie der Kommunikation gut verständlich erläutert. Der dritte Teil stellt verschiedene Konzepte vor, die es ermög­lichen, Brücken zu demenziell erkrankten Menschen zu bauen. Ausführlich gehen die Autoren zum Beispiel auf die integrative Validation oder den Einsatz von Klängen und von körperlichem Kontakt ein. Beispiele aus der Praxis, Übungen, Ratschläge und Tipps erleichtern den Weg zu einem verständnis- und gefühlvollen Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen. Das Buch ist eine wertvolle Hilfe für Angehörige und Pflegende.
Erich Schützendorf: Kommunikation mit Menschen mit Demenz. 2020. 170 Seiten. 24,99 Euro. Verlag medhochzwei, Berlin.

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Krankenhäuser

Ungeschönter Blick hinter die Kulissen

Umes Arunagirinathan ist mit Leib und Seele Arzt. Bis zu seiner jetzigen beruflichen Station als Herzchirurg im Bremer Klinikum links der Weser war es jedoch ein weiter Weg. Eindrucksvoll beschreibt er, wie er als 13-jähriger un­begleiteter Flüchtling aus Sri Lanka nach Deutschland kam, welche Mühen ihm der Neu­anfang bereitete und was ihn schließlich bewog, Medizin zu studieren. Sein Motiv: Menschen helfen und heilen. Doch die Realität, so musste er erkennen, ist eine andere. Krankenhäuser und Praxen haben sich zu Wirtschaftsunternehmen auf Kosten der Patienten entwickelt. In seinem Buch legt er den Finger in die Wunden des deutschen Medizin­betriebs und benennt ungeschönt und deutlich die Missstände. Gleich zu Beginn widmet er sich dem „Monster Fallpauschalen“ und illustriert an Beispielen, warum es im Hinblick auf den effizienten Einsatz von Ressourcen schadet. Anschließend widmet er sich der Krankenhauslandschaft und den Arbeitsbedingungen der Klinikärzte, um schließlich die Patienten und ihre Verantwortung für die Gesundheit ins Visier zu nehmen. Doch er belässt es nicht bei der bloßen Anklage. Am Ende lässt er den Leser wissen, was sich aus seiner Sicht ändern muss, damit der Mensch wieder im Mittelpunkt der Medizin steht.
Umes Arunagirinathan: Der verlorene Patient. 2020. 224 Seiten. 16 Euro. Rowohlt, Hamburg.

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Alternativmedizin

Profite mit Fake News

Rund um die Alternativmedizin ist eine Industrie entstanden, die das Misstrauen gegenüber Medizin und Pharmaindustrie schürt, um Profit mit dem Heilversprechen für wirkungslose, mitunter gefährliche Wundermittel zu machen. Die Corona-Pandemie hat dies nochmals befeuert. Die Journalistin Beate Frenkel zeichnet nach intensiven Recherchen in der Szene und zahlreichen Gesprächen mit Medizinern, Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten ein Bild, das erschüttert. Angetrieben von Fake News und Verschwörungstheorien leben Alternativmediziner und ihre Anhänger in einer gefährlichen Parallelwelt, in der Fakten nicht zählen. Auf Kongressen, Fortbildungen und in sozialen Medien verbreiten sie ihre Botschaften und Verleumdungskampagnen und radikalisieren sich zunehmend. Frenkel zeigt an zahlreichen Beispielen aus der Praxis, mit welchen Prak­tiken sie agieren und mit welchen Methoden es ihnen gelingt, vor Behörden und Gerichten zu bestehen. Welche Konsequenzen müssen sie fürchten? Offenbar keine, wie die Autorin unter anderem am Streit rund um die Reform des Heilpraktikerwesens herausfindet. Die Folgen dürften nicht unterschätzt werden, mahnt sie. Es sei Zeit, dass die Gesundheitspolitik zu einer konsequenten Linie findet.
Beate Frenkel: Pillen, Heiler, Globuli. 2020. 160 Seiten. 18 Euro. S. Hirzel Verlag, Stuttgart.

Beate Ebbers ist freie Journalistin in Peine.