Bei COPD sorgen inhalierbare Medikamente für Linderung, nicht aber für Heilung.
Gesundheitsatlas

Rauchern geht die Puste aus

In Regionen mit vielen Rauchenden sind mehr Menschen von der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit COPD betroffen als in Regionen mit weniger Rauchenden. Das zeigt der neue Gesundheitsatlas COPD. Von Dr. Katrin Schüssel und Henriette Weirauch

Die chronisch obstruktive

Lungenerkrankung (COPD) ist eine häufige Krankheit. COPD-Patientinnen und Patienten leiden unter Atemnot, Husten und Auswurf. Ihre Lebensqualität ist oft erheblich eingeschränkt. Die Luftnot tritt zu Beginn der Erkrankung nur bei körperlicher Belastung auf, im fortgeschrittenen Stadium aber auch im Ruhezustand. In Phasen mit verschlimmerter Symptomatik kommt es häufig zu Krankenhauseinweisungen. COPD-bedingte Todesfälle liegen auf Platz sechs der häufigsten Todesursachen in Deutschland.
 
Hierzulande sind insgesamt 3,4 Millionen Menschen an COPD erkrankt. Dies entspricht 7,1 Prozent der Bevölkerung ab 40 Jahren, wie der neue „Gesundheitsatlas COPD“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) belegt. Im europäischen Vergleich ist Deutschland sowohl bei der Krankheitshäufigkeit als auch bei der Krankheitslast aufgrund von COPD überdurchschnittlich betroffen. Mit dem Konzept der Krankheitslast werden verlorene Lebensjahre durch gesundheitliche Beeinträchtigungen und frühzeitige Todesfälle gemessen.

Im europäischen Vergleich gibt es hierzulande viele Patienten, die an COPD erkrankt sind.

Hier liegt Deutschland unter den 27 Ländern der Europäischen Union mit Platz sechs relativ weit oben. In den direkten Nachbarländern Deutschlands ist die Krankheitslast lediglich in Dänemark und Belgien noch höher, in den anderen Nachbarländern wie Frankreich, Luxemburg, Österreich und Tschechien dagegen deutlich niedriger.

Große Spanne unter den Regionen.

Im Gesundheitsatlas zeigen sich bei der Häufigkeit der COPD deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Besonders niedrig ist die Krankheitshäufigkeit in Baden-Württemberg (5,8 Prozent), Sachsen (6,0 Prozent) und Bayern (6,2 Prozent). Den höchsten Anteil an COPD-Patienten hat Berlin mit 8,6 Prozent, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (8,4 Prozent) und dem Saarland (8,1 Prozent). Die Gegenüberstellung von ländlichen und urbanen Kreisen zeigt, dass es in Großstädten überdurchschnittlich viele COPD-Patienten im Vergleich zu Regionen mit geringerer Siedlungsdichte gibt. Unter den 401 Kreisen und kreisfreien Städten kommt COPD am häufigsten in Gelsenkirchen (12,1 Prozent), Remscheid (11,2 Prozent) und Herne (11,0 Prozent) vor. Die niedrigsten Werte finden sich in Biberach (4,5 Prozent), Tübingen (4,7 Prozent) und Starnberg (4,8 Prozent).

Nach einer Alters- und Geschlechtsstandardisierung unter Berücksichtigung der regional unterschiedlichen demografischen Strukturen bleiben die Unter­schiede im Wesentlichen bestehen.

Ältere und Männer stärker betroffen.

Auch weist der Gesundheitsatlas alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede aus. Danach steigt die Krankheitshäufigkeit mit dem Alter deutlich an und erreicht einen Höhepunkt bei den 85- bis 89-Jährigen. In dieser Altersgruppe leiden 16,4 Prozent der Männer und 11,6 Prozent der Frauen an COPD. Die mit dem Alter zunehmende COPD-Prävalenz hängt allgemein mit einer Abnahme der Lungenfunktion zusammen. Die Geschlechtsunterschiede in höherem Alter sind vermutlich durch Unterschiede im Rauchverhalten oder in der beruflichen Exposition gegenüber Luftschadstoffen bedingt.

Grafik: regionaler Vergleich – Anteil der COPD-Patienten bei Erwachsenen ab 40 Jahren in Prozent

Risikofaktor Rauchen: Der Anteil der COPD-Erkrankten an allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab 40 Jahren liegt in Regionen, in denen laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes besonders viele Raucherinnen und Raucher leben, bei 7,8 Prozent. In Regionen mit dem niedrigsten Raucheranteil gibt es die wenigsten COPD-Patienten (Anteil: 6,4 Prozent).

Quelle: WIdO, Gesundheitsatlas COPD

Das Rauchen stellt den größten Risikofaktor für die Entstehung einer COPD dar, und bislang war der Raucheranteil unter den Männern stets deutlich höher als unter den Frauen. So liegt denn auch der Anteil der COPD-Erkrankten in Regionen, in denen laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes besonders viele Raucherinnen und Raucher leben, bei 7,8 Prozent, in Regionen mit wenigen Rauchern dagegen nur bei 6,4 Prozent (siehe Grafik „Hoher Raucheranteil, viele COPD-Patienten“). Tabakentwöhnung ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um den Krankheitsverlauf zu stabilisieren. So bessert sich nach einem Rauchstopp nicht nur die Lungenfunktion, auch die COPD-Symptomatik wird positiv beeinflusst.

Feinstaub erhöht das Risiko.

Neben dem Rauchen korreliert auch die regionale Feinstaubbelastung mit der COPD-Häufigkeit. In den Regionen mit der laut Umweltbundesamt niedrigsten Feinstaubbelastung beträgt die Prävalenz der COPD lediglich 6,7 Prozent. In den Gebieten mit der höchsten Feinstaubbelastung liegt sie dagegen im Schnitt bei 7,7 Prozent.

Studien belegen, dass die Luftverschmutzung die COPD-Symptomatik verschlimmert.

Luftschadstoffe können zur Entstehung einer COPD beitragen oder die Symptomatik bei COPD-Erkrankten verschlimmern. Die negativen Aus­wirkungen von Feinstaub auf den Gesundheitszustand und die Sterblichkeit bei COPD-Erkrankten sind gut durch wissenschaftliche Studien belegt. Daher sollten im Rahmen eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes die Emissionen von Luftschadstoffen reduziert werden. Zudem sollten langfristige Forschungsvorhaben gefördert werden, um eine genauere Beurteilung der späteren Gesundheitsrisiken der Luftverschmutzung zu ermöglichen.

Sozialstruktur beeinflusst Häufigkeit.

Neben den Faktoren Rauchen, Luftverschmutzung und Siedlungsdichte beeinflusst auch die regionale Sozialstruktur die COPD-Häufigkeit. Materiell und sozial benachteiligte Menschen erkranken häufiger an COPD als Menschen mit einem hohen sozioökonomischen Status. Dieser Zusammenhang, der durch zahlreiche Untersuchungen bekannt ist, zeigt sich auch im Vergleich der Regionen: In Gebieten, die nach dem Deprivationsindex „German Index of socioeconomic deprivation“ des Robert-Koch-Instituts einen Mangel an materiellen und sozialen Ressourcen unter Berücksichtigung von Faktoren wie Einkommen, Beschäftigung oder Bildung aufweisen, gibt es auch überdurchschnittlich viele COPD-Pa­tienten. In diesen ökonomisch und sozial benachteiligten Regionen liegt der Anteil der COPD-Kranken bei 7,7 bis 7,9 Prozent. Dagegen sind in Regionen, die die beste materielle und soziale Ausgangs­situation haben, nur 6,2 bis 6,6 Prozent der Einwohner an COPD erkrankt.

Der Gesundheitsatlas des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) trägt dazu bei, die
gesundheitliche Situation aller Einwohnerinnen und Einwohner in Deutschland transparent zu machen. Er fokussiert auf häufige Volkskrankheiten, die ein hohes Präventionspotenzial bieten. Der Gesundheitsatlas enthält Karten zur Krankheitshäufigkeit auf Ebene der Bundesländer, Städte und Kreise. Neben einer kleinräumigen Analyse der Verteilung der Krankheitshäufigkeit bietet er auch Informationen zur Entstehung und Prävention dieser Erkrankungen. Damit liefert er Grundlagen für eine fundierte Einschätzung der Rahmenbedingungen vor Ort, aus denen sich präventive Handlungsansätze ableiten lassen.

Für den Gesundheitsatlas wird ein alters-, geschlechts- und morbiditätsadjustierendes Hochrechnungsverfahren angewendet, das das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt hat. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der 27 Millionen AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen für die knapp 83 Millionen Einwohner in den Regionen Deutschlands. Damit können zuverlässige Informationen zu Krankheitshäufigkeiten in der Gesamtbevölkerung bis zur lokalen Ebene zur Verfügung gestellt werden.

Derzeit stehen Berichte zu Diabetes mellitus Typ 2, zu Asthma bronchiale und zur chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zur Verfügung. 

 Zu den kostenlosen Downloads des Gesundheitsatlas Deutschland

In der Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ein höheres Risiko haben, nach einer Corona-Infektion schwere gesundheitliche Komplikationen zu erleiden. Bei COPD-Patienten besteht ein moderat erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf. Daher ist für diese vulnerable Gruppe ein vorbeugender Infektionsschutz durch das Einhalten der AHAL-Regeln (Abstand, Hygiene, Maske und Lüften) sowie die Covid-19-Impfung äußerst wichtig. Bei noch rauchenden COPD-Patienten sollte eine weitere Schädigung der Lunge auch im Hinblick auf eine mögliche Covid-19-Infektion unbedingt vermieden werden. Hier kann das Risiko schwerer Covid-19-Verläufe eine zusätzliche Motivation sein, das Rauchen aufzugeben.

Katrin Schüssel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Integrierte Daten und Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Henriette Weirauch arbeitet ebenfalls als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Integrierte Daten und Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
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