Pandemie-Folgen

Langzeitkrank durch Covid-19

Rund fünf Millionen Menschen haben sich allein in Deutschland mit dem Corona-Virus infiziert. Ein beträchtlicher Teil von ihnen leidet noch Monate danach unter starken Symptomen. Wie Long Covid das Gesundheitssystem herausfordert, skizziert Christoph Fuhr.

Sein Zustand war kritisch, er hatte Atemnot und 41 Grad Fieber: Schauspieler Christian Kahrmann wurde im März mit Covid-19-Symptomen in ein Berliner Krankenhaus eingeliefert. Auf der Intensivstation musste der 49-Jährige für drei Wochen in ein künstliches Koma versetzt werden. Kahrmann, einst einer der Stars in der ARD-Serie „Lindenstraße“, berichtete Mitte September im ProSieben-Journal „Zervakis & Opdenhövel. Live“ über eine Phase seines Lebens, die er wohl nie vergessen wird – und die noch nicht abgeschlossen ist. Monate nach der Diagnose habe er immer noch „Muskel- und Gliederschmerzen, Nervenschmerzen sowie taube Füße“, zudem leide er an Schlaflosigkeit und plötzlichen Erschöpfungsanfällen. Seine Organe und sein Blut seien nachhaltig geschädigt. Und es sei erst wenige Wochen her, dass er keinen Rollator mehr benötige. „Ich wünsche mir… eine Genesung, dass eben wieder so eine Normalität einkehrt. So wie früher“, sagte er.

Fachgesellschaften liefern Definition.

Kahrmann teilt das Schicksal von immer mehr Menschen mit vergleichbaren Gesundheitsproblemen. Sie haben sich mit dem Corona-Virus infiziert, entwickeln leichte oder auch schwerere Krankheitssymptome, gehen in die Reha, werden entlassen, fühlen sich aber nicht gesund. Noch wochenlang später klagen sie zum Beispiel über eine bleierne Müdigkeit, oft auch über massive Konzentrationsstörungen, sie sind verunsichert, fühlen sich schlaff und antriebslos.
 
Long Covid wird dieses Syndrom genannt, auch von Post Covid ist oft die Rede. Inzwischen haben 14 medizinische Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Leitlinien eine präzise Definition geliefert: Long Covid ist demnach die korrekte Beschreibung des Krankheitsbildes, wenn Symptome mehr als vier Wochen nach der Infektion anhalten. Bestehen sie auch noch nach der zwölften Woche fort, gilt dies als Post Covid.

Studien weisen auf hohe Zahl von Betroffenen hin.

Noch gibt es keine repräsentativen Daten. Möglicherweise haben bis zu zehn Prozent aller an Covid-19 Erkrankten mit solchen Langzeitfolgen zu kämpfen, so die Schätzung der DGP. Eine neue Studie, veröffentlicht am 28. September 2021 in „Plos Medicine“, kommt zu wesentlich höheren Ergebnissen. Analysiert wurden die Daten von 270.000 Genesenen. Bei 37 Prozent dieser Patienten war in den ersten drei bis sechs Monaten nach der Corona-Infektion mindestens ein Long-Covid-Symptom diagnostiziert worden.

Die Angebote für Long-Covid-Patienten müssen besser aufeinander abgestimmt werden.

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hatte bereits im vergangenen Jahr in einer Langzeitstudie Daten zu den längerfristigen Folgen der Covid-19-Erkrankung vorgelegt. Die Forscher hatten dafür Daten von 8.679 Krankenhaus-Patienten in Deutschland ausgewertet. Nach WIdO-Ergebnissen mussten 27 Prozent von ihnen innerhalb eines halben Jahres nach der ersten Krankenhausbehandlung wieder in eine Klinik aufgenommen werden – in den meisten Fällen wegen Problemen mit der Atmung oder aufgrund neurologischer Störungen.

Parallelstrukturen nehmen weiter zu.

Bei Long und Post Covid stoßen Wissenschaftler, Mediziner und politische Entscheidungsträger grundsätzlich auf dasselbe Problem: Es fehlen Daten an allen Ecken und Enden. Dabei ist der Aufwand, um möglichst schnell Forschungsdefizite zu kompensieren, weltweit immens.

Rund um den Globus gibt es unzählige Studien, die zum Teil schon abgeschlossen, zum Teil in vollem Gange sind, ständig kommen neue hinzu. Auch in Deutschland sind Wissenschaftler und Mediziner unermüdlich im Einsatz – und dabei ist immer auch die Frage relevant, wie wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn im Versorgungsalltag möglichst schnell Anwendung finden kann.

Kontrovers diskutiert wird auch der Aufbau von effizienten Versorgungsstrukturen. Ist es tatsächlich nötig, völlig neue Wege für eine gute Versorgung von Long-Covid-Patienten zu gehen? Oder sind Entscheidungsträger klüger beraten, wenn sie auf bewährte Strukturen setzen?

Vieles deutet auch in Deutschland darauf hin, dass es bei allen nur denkbaren, oft mit viel persönlichem Einsatz entwickelten Aktivitäten im Kampf gegen Long Covid viele Parallelstrukturen gibt, deren Zahl wohl weiter zunehmen dürfte. Die Angebote müssten in ihrer großen Vielfalt koordiniert und aufeinander abgestimmt werden – aber nichts deutet derzeit darauf hin, dass das tatsächlich passiert.

Aktuell kann eine Berichterstattung über Long Covid ohnehin in vielen Teilbereichen nur eine Momentaufnahme sein, denn beinahe täglich kommen neue Erkenntnisse hinzu.

Mehr als 200 Symptome.

Long Covid hat viele mögliche Krankheitsanzeichen, zumindest darüber besteht in der Wissenschaft Konsens. Das führende Long-Covid-Symptom ist die sogenannte chronische Fatigue: Müdigkeit einhergehend mit einer niedrigen Belastungsgrenze (siehe Kasten „Langzeitfolgen: Chronisches Fatigue Syndrom“).

Häufig berichten Patienten von Atemwegsproblemen, wie Kurzatmigkeit oder Husten, von Übelkeit und Durchfall sowie von Schmerzen, zum Beispiel in der Brust, den Muskeln, den Gelenken oder im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Auch nennen Patienten neurologische Symptome, wie Geruchs- und Geschmacksstörungen, Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche, Wortfindungsstörungen. Weitere genannte Symptome sind depressive Zustände, Angststörungen, Schlafstörungen und Schwindelanfälle.

Porträt von Erich Irlstorfer, Mitgründer eines Vereins, der sich für eine bessere Versorgung bei Long Covid einsetzt

„Viele fühlen sich ohnmächtig“

Wer unter Langzeitfolgen von Covid-19 leidet, sucht oft vergeblich nach Hilfe, sagt Erich Irlstorfer, Mitgründer eines Vereins, der sich für eine bessere Versorgung bei Long Covid einsetzt. Im G+G-Interview erläutert er die Hintergründe.

In einer in der Fachzeitschrift „Lancet“ am 15. Juli 2021 veröffentlichten Internetumfrage (E Clinical Med 2021; online 15. Juli) mit 3.762 Covid-19-Patienten aus 56 Ländern wurden von September bis Ende November 2020 mehr als 200 verschiedene Beschwerden angegeben, die bei den meisten Patienten auch nach sechs Monaten noch bestanden.

Die Ergebnisse haben Wissenschaftler des University College London ausgewertet und die Symptome nach ihrer Dauer in drei Cluster aufgeteilt. Die Symp­tome im ersten Cluster treten demnach früh im Verlauf der Infektion auf, erreichen nach zwei bis drei Wochen ihren Höhepunkt und klingen dann langsam innerhalb von 90 Tagen ab. Dies sind der Studie zufolge vor allem gastrointestinale und respiratorische Symptome.

Die in Cluster 2 erfassten Symptome erreichten ihren Höhepunkt etwa sieben Wochen nach Beginn und nehmen deutlich langsamer ab als die in Cluster 1. Dazu gehörten etwa neuropsychiatrische sowie kardiovaskuläre Symptome und Fatigue.

Die Symptome in Cluster 3 beginnen mild und erreichen erst etwa nach zehn bis 15 Wochen ihren Höhepunkt. Sie zeigen kaum Besserung im Zeitverlauf. Zu diesen Symptomen gehören der Studie zufolge Allergien, Tinnitus, Neuralgien oder die als „Brain Fog“ bezeichneten Konzentrationsstörungen.

Langzeitfolgen auch nach mildem Verlauf.

Long Covid kann jeden treffen, auch junge Erwachsene, Kinder und Menschen, die nur eine milde Covid-19-Erkrankung hatten und weder Atemunterstützung noch Krankenhausbehandlung benötigten.

Manuel Karger (35) sitzt auf einem Fahrradergometer. Er wirkt kraft- und mutlos: „Der Körper macht wieder zu“, sagt er frustriert. Das war einst ganz anders, erzählt er in einem TV-Beitrag des MDR über die Auswirkungen von Long Covid. Er war ein durchtrainierter Hochleistungssportler, hat als Triathlet den Ironman auf Hawaii bewältigt.

Karger infiziert sich mit Covid-19, glaubt nach einer Weile, es sei alles überstanden. Doch dann kommen massive Beschwerden – und die Diagnose Long Covid. Heute leidet er unter Dauerkopfschmerz, gerät schon nach kurzen Laufstrecken an seine Grenzen und muss sich dann übergeben. Seine Triathlon-Kumpels von einst sieht er nicht mehr, weil er das nicht erträgt. Regelmäßiges Arbeiten ist nicht möglich. Karger wirkt entmutigt: „Ich darf nicht darüber nachdenken, wie es einmal war.“

Die Suche nach den Ursachen von Long und Post Covid ist in vollem Gange. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze. Zum einen nehmen Wissenschaftler an, dass es Virusbestandteile oder ganze Viren im Körper gibt, die eine andauernde Entzündungsreaktion hervorrufen.

Außerdem haben manche Patienten durch die initiale Covid-19-Erkrankung Organschäden davongetragen. Ein Forschungsprojekt der Universitätsklinik Ulm hat als Zwischenergebnis bislang bei etwa jedem fünften Patienten, der in die dort Anfang 2021 eingerichtete Spezialambulanz kam, Organschäden festgestellt. Ärzte beobachten vor allem Herzmuskelentzündungen und deren Folgen. Dazu gehörten etwa Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen. Auch Lungenembolien (Verschluss von Blutgefäßen in der Lunge) treten verstärkt auf.
 
Ein weiterer Erklärungsansatz für Long Covid sind Entzündungsprozesse, die ähnlich Autoimmunerkrankungen noch fortbestehen können. Dafür gibt es zwar erste Ansätze in Laborversuchen, aber noch keine echten Beweise.

Viele Patienten mit Long Covid leiden am Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS). Das Krankheitsbild ist nicht neu, aber noch wenig erforscht. Professorin Carmen Scheibenbogen, Leiterin des „Charité Fatigue Centrums“ in Berlin, geht davon aus, dass in Deutschland bereits vor dem Ausbruch von Covid-19 etwa 250.000 Menschen betroffen waren. Bei einer Anhörung des Bundestags-Gesundheitsausschusses im Juni äußerte sie die Befürchtung, dass die Zahl der ME/CFS- Patienten, auch als Folge von Long Covid, bis Ende 2021 um weitere 100.000 ansteigen wird.

Hauptmerkmal von ME/CFS ist eine Belastungsintoleranz. Auch leichte Tätigkeiten führen oft zu einer ausgeprägten und tagelangen Zunahme aller Symptome. Dazu gehören schwere Schmerzen, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, schwere kognitive Störungen, verknüpft mit Kreislaufproblemen. Viele Patienten sind schwer krank, können nicht mehr arbeiten und sich kaum noch selbst versorgen. Bisher gibt es keine Möglichkeiten, ME/CFS gezielt zu behandeln. Die Behandlung erfolgt ausschließlich symptomorientiert.

Carmen Scheibenbogen wies bei der Anhörung des Bundestags-Gesundheitsausschusses auf die gravierenden Probleme dieser Patientinnen und Patienten hin. Es gebe keine geeigneten Anlaufstellen für Betroffene, Hausärzten fehle es oft am nötigen Hintergrundwissen. Scheibenbogen mahnte dringenden Handlungsbedarf an: „Wir haben bislang in keinster Weise ausreichende Versorgungsstrukturen.“

Christoph Fuhr

Forscher vom Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin in Erlangen fanden heraus, dass die Größe und Verformbarkeit der roten Blutkörperchen bei Covid-19-Patienten stärker schwankte als bei Gesunden. „Klar ist, dass im Zuge einer Erkrankung oft die Blutzirkulation beeinträchtigt ist, es zu gefährlichen Gefäßverschlüssen kommen kann und der Sauerstofftransport im Blut nur eingeschränkt funktioniert“, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. Die weißen Blutkörperchen waren nach ihren Ergebnissen bis zu sieben Monate nach der Infektion verändert. Das könne Long-Covid-Symptome wie Atemnot, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen sowie der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns erklären, heißt es in der Mitteilung des Max-Planck-Zentrums.

Belastbarkeit steigern und Teilhabe erreichen.

Ziel der Therapien bei Long und Post Covid ist die Steigerung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit. Es geht um die Zunahme von Kraft, Ausdauer und Gleichgewichtsfähigkeiten sowie die Verbesserung von zusätzlichen Symptomen wie Schmerzen, Schlafstörungen, Ängsten und Problemen der Krankheitsverarbeitung. Das übergeordnete Ziel ist die Herstellung der Teilhabe in allen Lebensbereichen, orientiert an den individuellen Zielen der Patientinnen und Patienten.

Wie könnte eine vorbildliche Versorgung aussehen? Die Vision der Politik: Kompetente Haus- und Fachärzte kooperieren, bilden Netzwerke für eine effiziente interdisziplinäre Versorgung. Auf diesem Fundament könnten die meisten Patienten versorgt werden, heißt es. Ist das Krankheitsbild komplizierter, stehen ambulante Schwerpunktpraxen bereit. Darüber hinaus haben inzwischen auch einige Kliniken Long-Covid-Ambulanzen eingerichtet.

Betroffenen-Initiative formuliert Forderungskatalog.

Ist also eine reibungslose Versorgung möglich? Die Initiative „Long Covid Deutschland“, ein privater Zusammenschluss von Betroffenen aus dem ganzen Bundesgebiet, meldet Zweifel an. Seit Mai 2020 kämpft diese Selbsthilfegruppe um mehr öffentliche Hilfe und Anerkennung der Krankheit. Die Lage der Betroffenen sei katastrophal, beklagte Simon Schöning, Sprecher der Gruppe, bei einer Anhörung im Bundestag-Gesundheitsausschuss im Juni 2021 (siehe Lese- und Webtipps). „Wir hoffen, dass das Thema in den Fokus der Politik rückt, die Bedeutung wird weiterhin drastisch unterschätzt“, sagte er.

Die Initiative „Long Covid Deutschland“ hat einen Forderungskatalog erarbeitet: Bundesweite Informationskampagnen für die Bevölkerung, Betroffene und medizinisches Personal seien dringend erforderlich.

Außerdem unverzichtbar: eine einheitliche medizinische Versorgung nach medizinischen Leitlinien, eine zentrale Datenerhebung zu Long Covid und eine Aufstockung der Forschungsgelder und Förderung von Therapiestudien. Die Organisation fordert flächendeckend mehr Ambulanzen für alle Post-Covid- und Long-Covid-Erkrankten. Diese Einrichtungen müssten interdisziplinär, ortsnah und für alle Betroffenen zugänglich sein.

„Long Covid Deutschland“ kennt die Widersprüche des Versorgungsalltags aus den Berichten der Mitglieder: „Die Leute landen in der Kardiologie, in der Pneumologie, in der Neurologie mit wochenlangen stationären Aufenthalten. Am Ende steht bei vielen eine Ausschlussdiagnose. Es wird nichts gefunden, es kann organisch nichts festgestellt werden“, so Schöning im Gesundheitsausschuss.

Das bedeute in aller Regel Fatigue-Syndrom: „Das heißt aber für die Betroffenen, sie sind genau so schlau wie vorher, weil es keine Therapie gibt“, kritisierte er. Es gebe bei niedergelassenen Ärzten zu wenig Information über den fachgerechten Umgang mit dieser Erkrankung. Patienten müssten deshalb stärker die Fähigkeit zum Selbstmanagement lernen. „Ansonsten riskieren wir, dass sehr viele Menschen mit der Krankheit falsch umgehen, sich zum Beispiel auf die Arbeit zwingen und dann einen chronischen Verlauf entwickeln. Das gilt es zu verhindern“, so Schöning.

Wenig Verständnis im sozialen Umfeld.

Sich auf die Arbeit zwingen: In diese Gefahr hat sich auch ein junge Klinikärztin begeben, die in dem MDR-Beitrag anonym ihre Krankengeschichte erzählt. Sie lebt für ihren Beruf, ist während der Pandemie bis zu 19 Stunden im Einsatz und infiziert sich im Januar in der Klinik mit dem Corona-Virus. „Das ist nur ein kleines Grippchen“, denkt sie zunächst, dann bekommt sie Luftnot und Erstickungsanfälle. Nach einer Weile gilt sie als genesen, ist aber nicht gesund: „Ich habe Kollegen nicht wiedererkannt, mit denen ich jahrelang zusammengearbeitet hatte“, sagt sie. Und die Probleme verschärfen sich. „Ich habe gelesen wie ein Erstklässler, hatte Wortfindungsstörungen, war desorientiert in der Nähe meiner Wohnung, duschte zweimal direkt hintereinander, am Ende waren selbst meine Lebenserinnerungen ausgelöscht.“

Das Verständnis für ihre Situation sei bei den Kollegen gesunken, wird der Ärztin zugetragen. „Das ist sicher ein Burn-Out, sie braucht einen Psychologen“, sei gesagt worden. Die Frau gerät an ihre absoluten Grenzen: „Ich war so weit, dass ich mir gesagt habe, wenn das nicht besser wird, dann nehme ich mir das Leben.“ Sie findet schließlich eine Spezialklinik in Sachsen-Anhalt, es geht, erfahren die Zuschauer, inzwischen langsam aufwärts.

Kassen plädieren für öffentliche Forschungsförderung.

Sind mehr Spezialkliniken und spezielle Zentren Schlüssel für eine bessere Versorgung? Vertreter der Krankenkassen zeigen sich zurückhaltend. Dr. Bernhard Egger, Leiter der Abteilung Medizin beim GKV-Spitzenverband, sprach sich bei der Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss dafür aus, die Forschung zu längerfristigen Folgen der Covid-19-Erkrankung im Rahmen der öffentlichen Forschungsförderung zu unterstützen. Ob hierzu allerdings bundeseinheitlich spezielle, für Long Covid zu schaffende Koordinierungs-, Daten- oder Forschungsinfrastrukturen erforderlich und zweckmäßig seien, scheine gegenwärtig (im Juni 2021) schwer beurteilbar, sagte Egger.

In einem Beitrag für G+G 5/2021 hatten sich die drei wissenschaftlichen GKV-Institute dafür ausgesprochen, personenbezogene Informationen zu Sars-CoV-2-Impfungen und zur Testung der Versicherten auf das Virus an die Krankenkassen zu übermitteln. Eine Verknüpfung dieser Informationen mit den Abrechnungsdaten der Kassen könnte auch für Covid-19-Infizierte differenzierte Aussagen über die mittel- und langfristigen Folgen und deren medizinische Behandlungen ermöglichen.

Viele Fragen, wenig Antworten.

Schwer zu beurteilen sind auch die langfristigen Effekte von Covid-19 auf die Arbeitsleistung von Menschen. Antworten könnte hier der Profifußball liefern, überlegten Wissenschaftler von der University of Reading und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Das Ergebnis ihrer umfassenden, im August 2021 erschienenen Analyse: Die Zahl der Pässe eines Profifußballers sechs Monate nach überstandener Corona-Infektion liege durchschnittlich fünf bis sieben Prozent niedriger als vor der Erkrankung. Die gelaufenen Kilometer und die Zahl der abgefangenen Bälle bewegten sich ebenfalls auf einem signifikant niedrigeren Niveau. Die untersuchten Fußballer waren körperlich fit, in der Regel zwischen 18 und 35 Jahre alt.

Wenn schon diese Menschen mit fünf bis sieben Prozent weniger Leistungsfähigkeit konfrontiert sind: Wie sieht es dann in älteren Bevölkerungsgruppen aus? Sind die Effekte noch stärker? Welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen hätte das? Fragen über Fragen – noch sind die Antworten rar. Long-Covid-Patient Christian Kahrmann wünschte sich Genesung und Normalität. Rund um den Globus arbeiten Forscher daran, dass dieser Wunsch für Patienten weltweit in Erfüllung geht. Einiges deutet darauf hin, dass sie auf Dauer erfolgreich sein werden.

Christoph Fuhr ist freier Journalist mit Schwerpunkt Gesundheit. Er war mehr als 25 Jahre Redakteur im Ressort Gesundheitspolitik der Ärzte Zeitung/Springer Medizin.
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