Zeitschriftenschau

Triage: Vorzeitiger Ausschluss von Ungeimpften unzulässig

Die Debatte um die Triage beinhaltet die Frage, ob in Zeiten knapper Ressourcen der Impfstatus der Patienten bei der Behandlungspriorisierung eine Rolle spielen kann. Der Göttinger Professor Gunnar Duttge meint, dass eine Koppelung von rechtlich zulässiger Impfverweigerung und nachrangiger Behandlung keine eigenverantwortliche Selbst­gefährdung darstelle. Menschen, die intensivmedizinisch behandelt werden müssten, könnten das kollektive Wohl nicht mehr durch die Annahme des Impfangebots fördern. In der Triage-Situation verbiete sich ein vorzeitiger Ausschluss Ungeimpfter.


Abrechnung: Factoring birgt strafrechtliche Gefahren

Frédéric Schultz beleuchtet die Strafbarkeit eines Leistungserbringers, der ganz oder teilweise nichtexistente Forderungen unter Einschaltung eines Abrechnungsunternehmens im Wege des Factorings abrechnet. Der Staatsanwalt bei der Bayerischen Zentrale zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen kommt zu dem Schluss, dass sich der Leistungserbringer des (Abrechnungs-)Betrugs zulasten des Abrechnungsunternehmens sowie der Kostenträger strafbar macht.


Selbstbestimmung: Gesetzeslücke bei Behandlung von Minderjährigen

Wann können Minderjährige die Bedeutung und Tragweite eines medizinischen Eingriffs ermessen und selbstbestimmt in die Behandlung einwilligen? Auch nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes, so die Juristen Leon Birck und Tobias Solscheid vom Institut für Medizinrecht der Universität Köln, gebe es viele Unklarheiten. Bisher seien alle Regelungsversuche zur Einwilligungskompetenz Minderjähriger gescheitert. Um Rechtssicherheit zu schaffen, sei dies aber dringend erforderlich. Dem Gesetzgeber stehe es frei, sich für Allein- oder Mitzuständigkeit der Sorgeberechtigten zu entscheiden.


Arzthaftungsprozesse: Verteilung der Beweislast nicht schlüssig

Thomas Steiner, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München, stellt vor dem Hintergrund seiner jahrelangen Praxis fest, dass sich ein Teil der Arzthaftungsprozesse nicht ohne Probleme mit dem Gesetz und dem Bundesgerichtshof führen und entscheiden lässt. Insbesondere liege der in Paragraf 630h Bürgerliches Gesetzbuch kodifizierten Beweislastverteilung kein schlüssiges Konzept zugrunde. Ansätze hätte die Proportionalhaftung entsprechend der Wahrscheinlichkeit der Verursachung liefern können. Diese sei aber gescheitert. Ist man überzeugt, dass Patienten beim Kausalitätsnachweis (Paragraf 286 Zivilprozessordnung) unangemessen benachteiligt sind, müsse der Gesetzgeber dort ansetzen und die Belastung ein Stück weit auf die Behandelnden verlagern. Nötig sei die Schaffung eines durchdachten Arzthaftungsrechts statt die Einführung eines Härtefallfonds.


Anja Mertens vom AOK-Bundesverband hat die Zeitschriftenschau zusammengestellt.
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