Neues aus der Uni

„Unsere Forschung zielt immer auf die Umsetzung von Rechten behinderter Menschen ab“

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Kathrin Römisch, Stellvertretende Leiterin des Bochumer Zentrums für Disability Studies (BODYS) an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe.

Frau Professorin Römisch, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Kathrin Römisch: BODYS versteht Disability Studies als theoretische Grundlage für die UN-Behindertenrechtskonvention. Unsere Forschung zielt daher immer auf die Umsetzung von Inklusion als Menschenrecht und die Sichtbarkeit behinderter Menschen in allen Lebensbereichen ab. Aktuell steht für uns der Umgang mit behinderten Menschen in Krisenzeiten im Fokus: die Auswirkungen von Coronamaßnahmen auf diese vulnerable Gruppe, einschließlich der Triage-Debatte, aber auch der Umgang mit behinderten Geflüchteten infolge des Ukraine-Krieges und anderer Konflikte.

Porträt von Kathrin Römisch, Stellvertretende Leiterin des Bochumer Zentrums für Disability Studies (BODYS) an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe

Zur Person

Prof. Dr. Kathrin Römisch studierte 1998 bis 2003 Diplom-Pädagogik an der TU Dortmund und war anschließend unter anderem in der Bildungsarbeit der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) tätig. Seit Januar 2013 ist sie Professorin für Heilpädagogik und Inklusion an der Evangelischen Hochschule RWL-Bochum und seit 2018 stellvertretende Leiterin des Bochumer Zentrums für Disability Studies (BODYS).

Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Römisch: Den Disability Studies ist eine inter- und multidisziplinäre Arbeitsweise inhärent. In BODYS sind unter anderem Recht, Inklusive Pädagogik, Soziale Arbeit, Kunst, Pflege- und Gesundheitswissenschaft vertreten und transportieren die menschenrechtsbasierte Perspektive auf Behinderung auf je eigene Weise in Lehre und Forschung. Als theoretischer Zweig der Behindertenbewegung ist den Disability Studies der Rückbezug auf die Zivilgesellschaft unverzichtbar – bei BODYS eingelöst durch praxisorientierte und partizipative Forschung sowie konsequent barrierefreie Transferformate, zum Beispiel auf der Wissensplattform bodys-wissen.de.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Römisch: Wie wichtig dies ist, haben wir jüngst in der Triage-Debatte erfahren. Nicht nur Mediziner*innen, auch Akteure in Politik und Gesetzgebung hegen nach wie vor ableistische Vorurteile über behinderte Menschen und sind nur selten über einschlägige Menschenrechtsstandards informiert. Mit mehreren Stellungnahmen konnte BODYS hier wichtige Hinweise für ein wissenschafts- und menschenrechtsorientiertes Triage-Gesetz liefern.

Silke Heller-Jung führte das Interview. Sie hat in Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro für Gesundheitsthemen.
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