Nachhaltiges Handeln in der Selbsthilfe trägt zum Schutz der Ressourcen bei.
Symposium

Selbsthilfe begegnet der Klimakrise

Der Klimawandel bedroht nicht nur den Planeten, sondern auch unsere Gesundheit. Welche Folgen das für chronisch Kranke hat, war Thema der Selbsthilfe-Fachtagung des AOK-Bundesverbandes. Von Otmar Müller

Von den gesundheitlichen Belastungen

durch den Klimawandel sind chronisch erkrankte und behinderte Menschen besonders stark betroffen. Darüber informierten Experten und Betroffene auf der jährlichen Selbsthilfe-Fachtagung des AOK-Bundesverbandes. „Planetary Health – braucht die Erde Selbst-Hilfe?“ lautete das Motto der Tagung Anfang Dezember in Berlin. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Betroffene aus der Selbsthilfe berichteten über den aktuellen Wissensstand und ihre eigenen Erfahrungen aus der Selbsthilfe­arbeit. „Wir wollen hier heute Lösungswege diskutieren, wie die Selbsthilfe einerseits ihre Mitglieder bei der Bewältigung der hitzebedingten Probleme unterstützen kann. Und was sie andererseits in ihren eigenen Organisationseinheiten unternehmen kann, um durch nachhaltiges Handeln zum Schutz der Ressourcen beizutragen“, so Claudia Schick, Selbsthilfe-Referentin des AOK-Bundesverbandes.

Kritik an der deutschen Politik.

Über konkrete gesundheitliche Belastungen für chronisch Erkrankte, aber auch die Möglichkeiten, diese abzufedern, sprach die Umweltmedizinerin Professorin Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg.

Durch den Klimawandel hat sich die Allergiesaison deutlich verlängert.

Aktuelle Untersuchungen hätten ergeben, dass durch den Klimawandel die Allergiesaison deutlich verlängert wäre: „Es gibt quasi gar keine Tage mehr im Jahr ohne Pollenbelastung.“ Außerdem wirkten die Pollen durch Luftschadstoffe stärker allergen, und es seien durch das mildere Klima neue, hochallergene Pflanzen wie Am­brosia hier heimisch geworden. Der Klimawandel bringe aber auch neue Erkrankungen wie etwa das West-Nil-Fieber nach Deutschland. Traidl-Hoffmann kritisierte die deutsche Politik, zu wenig gegen die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zu unternehmen. Andere europäische Länder etwa hätten zum Schutz der Bevölkerung längst dezidierte Hitzeaktionspläne ausgearbeitet.

Strategische Ziele für Klimaneutralität.

Welchen Weg die AOK-Gemeinschaft geht, um als Krankenkasse nachhaltiger zu arbeiten, darüber berichtete Annette Scheder in ihrem Kurzvortrag. Die Beauftragte der AOK Bayern für Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit kündigte an, dass die Gesundheitskasse in Bayern bis spätestens 2030 klimaneutral arbeiten möchte. Dafür habe sich die AOK acht strategische Ziele gesetzt und über 30 Maßnahmen festgelegt, um diese Ziele zu erreichen – darunter nannte sie einige, die auch Selbsthilfeorganisationen relativ leicht umsetzen können.

In der anschließenden Podiumsdiskussion gesellte sich Dr. Martin Danner, Geschäftsführer der BAG Selbsthilfe und Initiator des Projekts „Klimawandel und Selbsthilfearbeit“ zu den Rednern des Vormittags. Danner, Traidl-Hoffmann, Scheder und die per Livestream zugeschaltete Wissenschaftlerin Maike Voss, Geschäftsführerin der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), diskutierten mit dem Publikum über die Konsequenzen, die nun gesellschaftspolitisch, aber auch ganz konkret in der Selbsthilfearbeit gezogen werden müssten. So machte Voss etwa darauf aufmerksam, dass es das Wirtschaftlichkeitsgebot im Gesundheitswesen den Akteuren oft schwer mache, klima­freundlicher zu agieren. Die Kosten alleine im Blick zu behalten, reiche angesichts des Klimawandels nicht mehr aus: „Die Politik muss das Wirtschaftlichkeitsgebot im Gesundheitswesen flankieren durch ein Nachhaltigkeitsgebot“, so Voss.

Otmar Müller ist freier Journalist und hat in Köln ein Medienbüro mit dem Schwerpunkt Gesundheitspolitik.
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