Neues aus der Uni

„Ich halte eine evidenzbasierte Politik für ethisch geboten“

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Matthias R. Hastall, Leiter des Fachgebiets Qualitative Forschungsmethoden und strategische Kommunikation für Gesundheit, Inklusion und Teilhabe an der Fakultät Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund.

Herr Prof. Hastall, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Matthias R. Hastall: Zwei sehr grundsätzliche Fragen aus den jungen Gebieten der Gesundheits- und Teilhabekommunikation liegen vielen unserer Forschungsarbeiten zugrunde:

1. Wie kann es gelingen, Menschen durch eine zielgruppengerechte Kommunikation besser für gesundheitliche Risiken zu sensibilisieren, ohne dabei unerwünschte Effekte auszulösen?

2. Welche Darstellungen benachteiligter Menschen oder ihrer Situation können unbeabsichtigt Stigmatisierungen verstärken – und wie müssten Darstellungen aussehen, mit denen es gelingt, Stigmatisierungen und Benachteiligungen abzubauen?

Porträt von Prof. Dr. Matthias R. Hastall, Leiter des Fachgebiets Qualitative Forschungsmethoden und strategische Kommunikation für Gesundheit, Inklusion und Teilhabe an der Fakultät Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund

Zur Person

Prof. Dr. Matthias R. Hastall studierte Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Rechtswissenschaft an der TU Dresden und promovierte an der Universität Erfurt. Nach Stationen an sieben Hochschulen in Deutschland, den USA und den Niederlanden wurde er 2016 auf die Professur für Qualitative Forschungsmethoden und Strategische Kommunikation für Gesundheit, Inklusion und Teilhabe an der TU Dortmund berufen.

Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Hastall: Durch praktisches Vorleben: Wir kooperieren sehr viel mit Forschenden anderer Disziplinen sowie Institutionen oder Vereinen und arbeiten in Beiräten oder Expertengruppen aktiv mit. Mein Team ist auch interdisziplinär besetzt. Da wir Grundlagen der Organisations-, Gruppen- oder interpersonalen Kommunikation auch in unseren Studiengängen unterrichten, liegen Theorie und Praxis nahe beieinander.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Hastall: Definitiv, zumindest insofern der gesamte einschlägige Wissensstand zur Kenntnis genommen und nicht nur selektiv nach Befunden oder Expertinnen beziehungsweise Experten gesucht wird, die die eigene Position stärken. Ich bin ein großer Anhänger einer solchen „Evidence-based Policy“ und halte sie auch für ethisch geboten. In vielen Bereichen, wie zum Beispiel der Medizin oder Pflege, gilt eine konsequente Evidenzbasierung von Entscheidungen und Empfehlungen längst als „Goldstandard“ – warum also nicht in der Politik?

Silke Heller-Jung führte das Interview. Sie hat in Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro für Gesundheitsthemen.
Bildnachweis: Nikolas Golsch/TU Dortmund, Foto Startseite: iStock.com/uschools