Porträt
Kommentar

Ringen um nötige Reform

Beim Umbau der stationären Versorgung gibt es zahlreiche widerstreitende Interessen. Für die angestrebte Super-Reform stehen die Chancen daher schlecht, meint Kim Björn Becker.

Die Krankenhausreform

sollte ein großer Wurf werden. Eine Reform, die die Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach prägt und es ihm ermöglicht, nach anderthalb Jahren Corona eigene Akzente in der Gesundheitspolitik zu setzen. Doch gerade sieht es nicht so aus, als wenn der Plan des SPD-Politikers aufgeht.

Schon in der Corona-Krise stand Lauterbach im Verdacht, die Rolle als Professor mehr anzunehmen als die des Politikers. Dieses Muster wiederholt sich gerade bei der Krankenhausreform. Die Entscheidung, das Vorhaben von einem Expertengremium vorbereiten zu lassen, hat dabei geholfen, eine neue Kliniklandschaft zu konzipieren. Doch was die Umsetzung angeht, war der Vorstoß riskant. Weil Krankenhausplanung Ländersache ist, fühlte man sich in den Hauptstädten übergangen – in der Kommission fanden sich zwar viele Professoren, aber keine Ländervertreter.

Und die machen Lauterbach jetzt umso mehr deutlich, dass eine Reform nicht gegen ihren Widerstand kommen wird. Nordrhein-Westfalen, Bayern und Schleswig-Holstein lassen die Pläne auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin prüfen; in Düsseldorf stärkt die CDU ihrem Landesminister Karl-Josef Laumann den Rücken und fordert – gemeinsam mit dem grünen Koalitionspartner – Lauterbach auf, zu einem „konstruktiven Dialog“ zurückzukehren.

Lauterbach hätte die Länder früher einbinden sollen.

Es erscheint gerade nicht so, dass es Lauterbach gelingt, seine Reform so durchzusetzen wie geplant. So viel dafür spricht, dass in Bayern wie im Saarland nach gleichen Regeln festgelegt wird, welche Kliniken es für welche Aufgaben in der Versorgung braucht, so sehr dringen die Länder auf Öffnungsklauseln, die ihren regionalen Besonderheiten Rechnung tragen.

Dabei ist eine grundlegende Reform so nötig wie dringlich. Deutschland leistet sich eine oft ineffiziente Krankenhauslandschaft – weil Landespolitiker und Landräte immer wieder an kleinen Kliniken festhalten. Die Länder haben Anteil daran, dass das System reformiert werden muss. Die Klagen der Kliniken, unterfinanziert zu sein, richten sich vor allem gegen die aus ihrer Sicht zu geringen Zuweisungen der Länder. Die Unsitte, dass Kliniken sich vor allem lukrative Patienten heraussuchen und mehr operieren als nötig, hat ihre Ursache auch darin.
 
Ein großer Wurf wäre gut und wichtig. Doch dazu hätte Lauterbach die Länder früher einbinden sollen.

Kim Björn Becker ist gesundheitspolitischer Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Bildnachweis: F.A.Z.