Porträt
Selbstverwaltung im Gespräch

„Die Pflegeversicherung muss ein Stabilitätsgarant sein“

Der Bund hat seine Pflegereform präsentiert. Sie bleibt weit hinter den finanziellen Erfordernissen zurück, meint der alternierende Verwaltungsratsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Dietmar Muscheid.

G+G: Herr Muscheid, wie bewerten Sie die Pläne zur Pflegereform?

Dietmar Muscheid: Die Ampel-Regierung hat sich im Koalitionsvertrag zum einen für notwendige Leistungsverbesserungen und zum anderen für die nachhaltige finanzielle Stärkung der sozialen Pflegeversicherung ausgesprochen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dieses Versprechen nur unvollständig eingelöst, es fehlt schlicht an einer Perspektive. Denn die geplante Beitragssatzerhöhung schafft nur bis zum Jahr 2025 Ruhe, die erforderliche tiefgreifende Lösung wird weiter aufgeschoben.

G+G: Die Regierung bleibt also hinter ihren eigenen Zielen zurück?

Muscheid: In Sachen Leistungsverbesserungen wird die Koalition nicht wortbrüchig, bei der Finanzierung kommt sie allerdings ihrer Verantwortung keineswegs nach. Die Pflegeversicherung ist de facto weiter ohne sichere finanzielle Grundlage. Das bedeutet, dass die geplanten Maßnahmen mit Beitragserhöhungen und weiteren Belastungen der Beitragszahlenden einhergehen. Es ist jedoch enorm wichtig, dass die Pflegeversicherung ein Stabilitätsgarant ist und einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit leistet.

G+G: Was fehlt dazu konkret?

Muscheid: Es fehlt etwa die im Koalitionsvertrag zugesagte Finan­zierung von versicherungsfremden Leistungen durch den Bund. Es müssen zum Beispiel endlich zusätzliche Bundesmittel für die Rentenansprüche von pflegenden Angehörigen bereitgestellt werden. Auch sind die milliardenschweren Corona-Kosten nicht refinanziert. Zudem wurden die ursprünglich vorgesehenen Modellvorhaben zur Förderung innovativer Ansätze von Kommunen und Kassen wieder gestrichen.
 

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