Portrait
Jetzt mal Toro

Kleine Geschenke …

Wer kennt das nicht: Man möchte einer liebgewonnenen Lobbygruppe 150 Millionen Euro schenken, aber das Geld nicht schnöde aufs Konto überweisen. Deshalb hat Jens Spahn jetzt für die Apotheken einen ganz persönlichen Gutschein ins Gesetzpapier gewickelt. Rezeptfreie Anmerkungen von Thomas Rottschäfer.

Gesundheit zusammen!

Ich habe noch nie ein Medikament online bestellt. Ich gehe halt gerne direkt in die Apotheke, weil ich da jeden Monat das neue Medizini-Poster mit den süßen Katzenbabys, mit Eichhörnchen oder lustigen Erdmännchen bekomme. Und natürlich die Apothekenumschau. Damit ich jetzt schon weiß, wo es mir in zwei Wochen weh tut.

ToRo zum Hören:

Ich kenne Leute, die fahren mit Freude 50 Kilometer, weil es in der Heideröslein-Apotheke zur Hämmorrhoidensalbe immer auch eine Packung Mentholtaschentücher gratis dazu gibt. Wer geschickt shoppt, kann eine komplette Grippesaison kostenlos ins Tempo tröten.

Leider zerbricht sich gerade der Bundesgerichtshof den Kopf darüber, ob eine Packung Papiertaschentücher oder anderer Krimskrams den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs erfüllt. Wenn die Zugaben zusammen mit einem verschreibungspflichtigen Medikament über den Tresen wandern. Experten erwarten das Aus für die kleinen Geschenke. Das Apothekensterben wäre dann wohl nicht mehr zu stoppen.

Ein Fall für Super-Jens.

Die Katastrophe vor Augen hat der Bundesgesundheitsminister schnell das „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ ausgeheckt. Die Apotheken sollen mehr Geld für Not- und Nachtdienste bekommen. Tolle Sache. Besonders die Apotheken auf dem Land sollen gefördert werden. Super Sache.

Doch weil Geschenke nun einmal auch die Lobby-Freundschaft erhalten, packt der Spendierhosen-Minister nochmal 150 Millionen obendrauf. Auf Kassenkosten versteht sich. Diese 150 Millionen sind Schmerzensgeld für die Apotheken. Weil CDU und CSU den Online-Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten jetzt doch nicht verbieten wollen. Das mit dem Schmerzensgeld kann man natürlich so nicht sagen. Deshalb ist das Geld laut Entwurf für „zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen“ vorgesehen. Die Apothekenverbände dürfen die Millionen sogar selbst verteilen. Es gibt nur ein Problem: Wofür?

Deshalb soll der Deutsche Apothekerverband

zusammen mit den Krankenkassen neue Leistungen erfinden, die man dann bezahlen kann. Zum Beispiel „die Erfassung definierter Gesundheitsparameter“. Das kann alles sein: vom Blutdruckmessen über die Schuppendichtemessung bis zum Hühneraugen-Pflasterwechsel. Das Einfachste wäre es, Kassen und Apotheken würden für die 150 Millionen Euro im Jahr Papiertaschentücher kaufen. Denn wie sagte einst Neil Amstrong beim Betreten der ersten Mondapotheke: „Eine kleine Geschenk für die Patienten, aber eine große Geschenk für das Apotheke.“

Gute Besserung!

Thomas Rottschäfer ist freier Journalist.
Bildnachweis: privat