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Rundruf

Mehr Distanz zu den Kassen?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Medizinischen Dienst komplett von den Krankenkassen lösen und zu einer eigenen Körperschaft des öffentlichen Rechts machen. Ein sinnvoller Schritt?

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Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV):
Wir begrüßen diesen Schritt und die hierdurch entstehende größere Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste. Allerdings sprechen wir uns dafür aus – anders, als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen – dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bei der Besetzung der Verwaltungsräte berücksichtigt werden. Schließlich wäre auch der vertragsärztliche Bereich von der Reform betroffen, für den die KVen die gesetzlichen und vertraglichen Erfordernisse gewährleisten müssen. Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, ist es erforderlich, dass die KVen im Verwaltungsrat des MDK mit Sitz und Stimme vertreten sind.

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Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes:
Kurz gesagt: Das ist weder sinnvoll noch notwendig. Die Pläne des Gesundheitsministeriums bedeuten faktisch die Ausschaltung der sozialen Selbstverwaltung und eine gravierende Einschränkung der Entscheidungskompetenzen der Krankenkassen. Dabei wird die eigentliche Zielsetzung – die Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes zu gewährleisten – verfehlt: Da Leistungserbringer die Richtlinien mitgestalten können, entscheiden sie über die Inhalte der gutachterlichen Prüfung. Durch diese interessengeleitete Einflussnahme ist die bisherige Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes gerade nicht mehr gegeben.

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Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen:
Es beschädigt das Vertrauen und die Akzeptanz der Versicherten, wenn Entscheidungen über die Gewährung von Leistungen für Patientinnen und Patienten sowie Pflegebedürftige von einer Institution getroffen werden, die unmittelbar von den Kassen abhängig ist, die diese Leistungen finanzieren. Darum ist es richtig, die Medizinischen Dienste als unabhängige Dienste zu organisieren und auch die Selbsthilfeorganisationen in die Verwaltungsräte einzubeziehen. Mit Blick auf die Stärkung der Unabhängigkeit sehen wir die geplante Einbeziehung berufsständischer Vertreter allerdings kritisch.

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Professor Jürgen Wasem, Gesundheitsökonom an der Universität Duisburg-Essen:
Die heutigen Strukturen von Medizinischen Diensten (MDK) und Spitzenverband (MDS) waren mit dem Gesundheitsreformgesetz 1989 explizit eingeführt worden, um die „geringen Einflussmöglichkeiten der Krankenkassen“ zu überwinden. Das Konzept „medizinische Unabhängigkeit bei organisatorischer Abhängigkeit“ ist aber gescheitert, MDK-Entscheidungen werden in der Öffentlichkeit als „kassengesteuert“ angesehen. Daher sehe ich die organisatorische Neuaufstellung – bei Kritik im Detail – grundsätzlich positiv. Allerdings werden die Krankenkassen für viele Aufgaben nun eigenen medizinischen Sachverstand ausbauen müssen.

 

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Bildnachweis: KBV/axentis, GKV-SV, Bündnis 90/Die Grünen, privat