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Kommentar

Pflegepower aus der Ferne

Um Engpässe in der Pflege zu beseitigen, sollte sich Deutschland auch um ausländische Fachkräfte bemühen, empfiehlt Gregor Waschinski. Dabei stünden aber noch ein paar Hürden im Weg.

Der Personalnotstand in der Pflege 

ist das Ergebnis einer jahrelangen Fehlentwicklung. Viele Fachkräfte stiegen wegen strapaziöser Arbeitsbedingungen und unzureichender Bezahlung aus dem Job aus oder reduzierten ihre Stunden. Das Schulgeld hielt junge Menschen davon ab, den Pflegeberuf zu ergreifen. Die Politik nimmt sich der Probleme an – jedoch ist noch unklar, ob und wann sich die versprochene Aufwertung des Pflegeberufs auf dem Arbeitsmarkt der Branche niederschlägt.

Umso verlockender erscheint daher die Vorstellung, mit ausländischen Fachkräften die Personalprobleme kurzfristig lindern zu können. Bislang macht es die Bundesrepublik Pflegerinnen und Pflegern aus Nicht-EU-Staaaten aber noch viel zu schwer. Die Verfahren zur Berufsanerkennung gleichen einem Papierkrieg, unterscheiden sich je nach Bundesland und gehen über die notwendige Prüfung der Qualifikationen weit hinaus. Bis zur Erteilung eines Arbeitsvisums kann ein Jahr verstreichen.

Goethe-Institute könnten auf Pflegekräfte zugeschnittene Deutschkurse anbieten.

Diese bürokratischen Lasten müssen dringend abgebaut werden. Ebenso wichtig ist es, die Voraussetzungen für eine zügige Arbeitsaufnahme bereits in den Heimatländern zu schaffen: Goethe-Institute könnten beispielsweise auf Pflegekräfte zugeschnittene Deutschkurse anbieten. Denkbar wären auch Kooperationen mit Ausbildungsstätten vor Ort, die nach deutschen Standards zertifizierte Abschlüsse anbieten könnten.

Schon heute ist es ohne Fachkräfte aus dem Ausland kaum möglich, ein Krankenhaus oder einen Pflegedienst zu betreiben. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig in der Pflege beschäftigten Ausländer stieg von 2013 bis 2017 bereits von rund 74.000 auf knapp 128.000 an. Gut die Hälfte von ihnen kommt aus der EU – der Rest stammt aus Drittländern in Osteuropa und Asien sowie aus den Balkan-Staaten.

Ausländische Fachkräfte sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege. Ein Allheilmittel sind sie aber nicht. Es gibt Grenzen bei der Anwerbung, Deutschland darf mit der Deckung seines Bedarfs nicht in anderen Staaten einen Fachkräftemangel verursachen. Und ohne bessere Arbeitsbedingungen werden es sich auch Pflegekräfte aus dem Ausland gut überlegen, ob sie hier eine Tätigkeit aufnehmen wollen.

Gregor Waschinski ist Hauptstadt-Korrespondent beim „Handelsblatt“ aus Düsseldorf.
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